AStA-Vorsitzende Berfin Celik [Illustration: Ilian Kresse]
Die AStA-Vorsitzende Berfin Celik ist 22 Jahre alt, stammt aus Gelsenkirchen und lebt seit nunmehr drei Jahren in Altenessen. Sie studiert Lehramt mit den Fächern Deutsch, Sozialwissenschaft und Türkisch. Seit November 2023 ist sie AStA-Vorsitzende und führt diese Tätigkeit seit diesem Jahr erstmals alleine aus. Wir haben mit Berfin über ihre bisherigen Errungenschaften, Herausforderungen und Pläne für die Zukunft gesprochen.
ak[due]ll: Was hat dich dazu bewegt, AStA-Vorsitzende werden zu wollen?
Berfin: Das ist eine lustige Geschichte, ich wollte eigentlich gar nicht in die Hochschulpolitik. Vergangenes Jahr wurde ich gefragt, ob ich für das Studierendenparlament kandidieren möchte. Ich wollte mich lediglich auf Job und Studium konzentrieren. Neben meinem Studium bin ich bei den SJD (Sozialistische Jugend Deutschlands)-Falken in Gelsenkirchen sowie im Bundesvorstand des BDAJ (Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland) tätig. Ich wollte gerne studieren, arbeiten und ganz normal mein Ehrenamt fortführen.
Dann wurde ich von meiner Liste, also der Juso-Hochschulgruppe, gefragt, ob ich nicht als Soli-Kandidatur (Anm.: Hier geht es darum, die Liste zu unterstützen und nicht unbedingt darum, gewählt zu werden) kandidieren möchte. Dem habe ich zugestimmt und wurde dann wirklich gewählt. Während der Legislatur kam meine Liste auf mich zu und meinte: „Hey, unsere jetzige AStA-Vorsitzende tritt zurück und wir suchen jemanden neuen, möchtest du dafür nicht kandidieren? Wir denken, dass du dafür geeignet bist”. Ich habe mir da nicht so große Chancen eingeräumt, aber dann dachte ich: „Komm, du bist ein Mensch, der Lust auf Abenteuer und sehr viel Erfahrung im Ehrenamt hat”. Ich wurde gewählt und zusammen mit Frauke Pohlschmidt durfte ich die Legislatur 2023/24 als Vorsitzende im AStA tätig sein.
Mittlerweile bin ich sehr froh, dass ich das mache. Ich merke, abgesehen von der Aufwandsentschädigung, die für mich keine wichtige Rolle spielt, dass ich sehr, sehr viel Spaß daran habe, mich zu engagieren, zu sehen, dass ich etwas bewege und der Studierendenschaft dabei was Gutes tun kann.
ak[due]ll: Am 16. Juli 2024 wurde der neue AStA der Legislatur 2024/25 gewählt und du als alleinige AStA-Vorsitzende. Was konntest du bisher umsetzen?
Berfin: Ich muss leider sagen, dass die AStA-Vorsitzenden in den letzten Legislaturperioden viele massive Probleme nicht ganz angehen konnten. Ich kümmere mich aktuell zum Beispiel darum, dass die AStA-IT vom ZIM (Zentrum für Informations- und Mediendienste) übernommen wird. Dafür habe ich das erste Mal seit dem Hack Kontakt mit Herrn Prof. Marron aufgenommen (Anm.: Prof. Marron ist Prorektor,u.a. für Digitalisierung) und es ist wirklich enttäuschend, dass dies vorher nicht passiert ist.
Dann die angespannte Raumsituation in Duisburg – durch den Schimmel sind uns dort am Standort leider Räumlichkeiten weggebrochen. Auch die Krabbelburg in Essen ist aufgrund von Schimmelproblematiken weggefallen. Das sind jetzt die drei großen Baustellen, um die ich mich kümmere.
Ich denke, dass ich in solchen Dingen schon sehr erfolgreich bin, weil ich eben durch meine ‘autoritäre Art’ weiß, was ich möchte. Darüber hinaus bin ich ein sehr zielstrebiger Mensch. So langsam sind wir auf einem sehr guten Weg, dass die AStA-IT vom ZIM übernommen wird. Wir bekommen jetzt bald persönliche E-Mail-Adressen und unsere bestehenden Netze wurden schon abgeschaltet. Ich denke und hoffe, dass die IT-Situation bald geklärt ist.
Bezüglich der Raumsituation im LF-Gebäude in Duisburg bin ich im sehr guten Austausch mit dem Gebäudemanagement und habe es geschafft, Ersatzräumlichkeiten für die Referent:innen zu erhalten, obwohl die Universität einen sehr großen Mangel an Räumen hat.
Zudem werden endlich die StuPa- und AStA-Sitzungen besucht. Die Anwesenheit hat sich auf jeden Fall stark verbessert. Wir sind nicht wie in der letzten Legislatur ständig nur knapp beschlussfähig, sondern bisher in jeder Sitzung beschlussfähig gewesen. Hierfür ist auch die neue Geschäftsordnung verantwortlich, die ich in Beratung mit dem StuPa-Präsidium geändert habe. Die Referent:innen nehmen das Ehrenamt ernster. Ein Anliegen war es noch, präsenter am Campus zu sein. Dadurch, dass alle Referent:innen jetzt verpflichtend Sprechstunden führen, das klappt auch gut und hier ist mehr Leben am Campus. Wir sind sichtbarer und die Leute sprechen uns an.
ak[due]ll: Was möchtest du in deiner Amtszeit unbedingt noch erreichen? Gibt es Projekte, die dir besonders am Herzen liegen?
Berfin: Mein Ziel ist es, dass der Studierendenschaftsbeitrag, der im Moment bei 16 Euro pro Semester liegt, nicht weiter erhöht werden muss. Wir müssen meines Erachtens im Haushaltsplan schauen, was wir an Mitteln haben, wofür wir diese ausgeben und wie die Angebote genutzt werden. Studieren darf nicht noch teurer werden. Ich komme selber aus einer Arbeiter:innenfamilie und das ist besonders im Ruhrgebiet verbreitet, wo jedes dritte Kind von Armut betroffen ist.
Ansonsten bin ich gerade dabei, eine starke Verwaltung aufzubauen. Ich habe die Stellen für den Service-Point Essen sowie die Kassenverwaltung neu ausgeschrieben. Durch Fluktuationen innerhalb der Studierendenschaft und des AStAs möchten wir hier auf Festangestellte setzen, die immer vor Ort sind. So soll es die Studierendenschaft leichter haben, nach der Wahl ihre Arbeit aufzunehmen. Wie zu Beginn der Legislatur erwähnt, möchte ich mehr auf Teamarbeit setzen. Ich möchte, dass der AStA nicht nur eine Arbeitsgruppe, sondern eine kleine Familie wird, gemeinsam mit den autonomen Referaten. Die wurden bisher komplett außer Acht gelassen.
ak[due]ll: Welche aktuellen Probleme siehst du, die auf uns Studierende zukommen?
Berfin: Die aktuell wechselnde Bundesregierung. Davor habe ich ein bisschen Angst, weil dann voraussichtlich Haushälter gekürzt werden. Das beeinflusst unsere Arbeit indirekt natürlich auch.
Darüber hinaus glaube ich, dass viele Studierende aktuell die Hochschulpolitik entweder nicht wahrnehmen oder sie als weniger sichtbar empfinden. Da kämpfe ich auch gerade darum, dass die Arbeit des AStAs mehr Sichtbarkeit erhält. Ein AStA kann nur nachhaltig funktionieren, wenn Studierende von den Angeboten wissen. Sonst können sie sich auch nicht engagieren.
ak[due]ll: Wie schaffst du es, dein Engagement mit deinem Studium zu vereinbaren?
Berfin: Ich habe viele Termine aufgrund des Ehrenamts hier und würde mir von der Universität wünschen, dass Veranstaltungen nicht immer während der Vorlesungs- und Seminarzeiten stattfinden. Das habe ich auch am Tag der Lehre angesprochen, der dieses Jahr zum ersten Mal stattgefunden hat. Dort waren nur drei Studierende, mich eingeschlossen, anwesend. Zwar heißt es immer seitens der Universität, dass sie das studentische Ehrenamt fördern wollen, aber um dies zu machen, muss man auch studentische Stimmen – wie diese Forderung – hören.
Natürlich erschwert mein Amt es mir, mein Studium wie gewohnt fortzuführen. Ich bin auf jeden Fall dabei, vieles findet immer noch hybrid statt und einiges wird auch noch aufgezeichnet. Zu meinen Seminaren gehe ich auf jeden Fall. Natürlich schaffe ich es auch nicht, alle Prüfungsleistungen in einem Semester zu schreiben. Wer ein Ehrenamt verfolgen möchte, muss dann auch einfach Prioritäten setzen.
Ich bin 22, war 17, als ich die Schule verlassen habe – ich lasse mir Zeit. Für mich ist das jetzt nicht wichtig, ich muss sowieso bis zur Rente und gefühlt zum Ende meines Lebens arbeiten. Deswegen ist mir die Ausführung meines Ehrenamts wichtiger, als mein Studium möglichst schnell zu beenden.
ak[due]ll: Warum lohnt es sich, sich im AStA oder generell in der Hochschulpolitik zu engagieren?
Berfin: Für mich persönlich lohnt es sich, abends im Bett zu liegen und zu sagen: „Heute hattest du einen erfolgreichen Tag, heute hast du aktiv etwas für die Studierendenschaft gemacht”. Du siehst, dass sich da was ändert, du siehst, dass das Interesse steigt und merkst auch deine persönliche Entwicklung. Seitdem ich hier bin, habe ich viele neue Kenntnisse erlangt, was zum Beispiel die Kommunikation und Kooperation betrifft. Ich kann diese Fähigkeiten stärken und auch selbstkritisch an Dinge herantreten.
Wenn jemand in meine Sprechstunde kommt, und diese glücklich wieder verlässt oder wenn man mich sieht und grüßt, dann weiß ich: Ich mache etwas Gutes für die Person, sie kennt mich mittlerweile und ich leiste gute Arbeit. Der Hauptgrund für mich ist, dass ich in Austausch mit gleichaltrigen Personen komme und mir das total Spaß macht, ihre Interessen, Ziele und Wünsche zu vertreten, auch vor der Universität und in der Öffentlichkeit.