Wenn die Uni sich nach Zuhause anfühlt – Diwali feiern am Essener Campus

Für Studierende, die nicht aus Deutschland kommen, schmerzen Feiertage manchmal besonders. Gerade, wenn sie in der Heimat mit ihren Liebsten gefeiert hätten. An Diwali, dem hinduistischen Lichterfest, hat der Essener Campus zumindest ein bisschen Trost und heimeliges Gefühl gespendet, trotz der Distanz zu Indien”, erzählt uns Nikhil von seinem Campuserlebnis.

Ein Campuserlebnis geschrieben von Julika Ude | An Diwali wird Lakshmi, die Göttin des Reichtums und des Glücks geehrt – und der Sieg des Guten über das Böse gefeiert. [Foto: Julika Ude]

Vor einiger Zeit entschloss sich Nikhil dazu, aus Delhi nach Duisburg zu ziehen, um seinen Master in Mechatronik an der UDE zu machen. Er hat sich ein Leben in Deutschland aufgebaut und fühlt sich wohl, trotzdem macht ihm besonders zu einer bestimmten Zeit die Distanz zu seiner Heimat zu schaffen: der Zeit an Diwali, dem hinduistischen Lichterfest. Für Nikhil bedeutete diese Zeit sonst Geborgenheit und Beisammensein im Kreis seiner Liebsten an sonnigen Tagen in Delhi. Heute bedeutet es zum ersten Mal das Gegenteil: alleine sein in einem fremden Land, bei Regen und dunklen Wolken.  

In einer der Hauptgeschichten der hinduistischen Mythologie ist Diwali der Tag, an dem Lord Rama, seine Frau Sita Devi und sein Bruder Lakshmana nach 14 Jahren im Exil in ihre Heimat zurückkehren. Die Dorfbewohner:innen ebneten Rama den Weg, in dem sie den Dämonenkönig Ravana besiegt hatten.

Das ist einer der häufigsten Gründe für die Feier des Diwali-Festes in Nordindien, auch wenn je nach familiärem Hintergrund und Wohnort andere Geschichten gefeiert werden. Ein Thema haben alle Geschichten gemein: den Sieg des Guten über das Böse. Oder auch: den Sieg des Lichts über die Dunkelheit. 

Normalerweise würde Nikhil an Diwali keine Uni haben und zusammen mit seiner Familie den Tag beginnen. Er würde Onkel und Tanten sowie Großeltern in seinem mit Lichterketten behängten Haus begrüßen. Dann würden sie sich gegenseitig beschenken, gemeinsam Essen und füreinander beten. „Das ist ein Tag der Familie und Quality-Time, gepaart mit religiösen Bräuchen und dem Glauben an das Gute”, erzählt Nikhil.

Ein bisschen Heimat am Essener Campus 

Dieses Mal kann Nikhil sich nicht auf seine Familie und Geschenke freuen. Für Diwali nach Indien fliegen konnte er nicht, der lange Flug lohnt sich für ihn erst ab 20 Tagen Aufenthalt in seiner Heimatstadt. Außerdem muss er sich seine Urlaubstage von der Arbeit aufheben, um sich an Tagen der Uni Prüfungen freinehmen zu können. In Indien hat er in dieser Zeit für gewöhnlich frei – heute, hier in Deutschland, nicht. Trotz des Festes muss er sich auf den Weg zur Uni machen und das Fest des Lichtes zum ersten Mal ohne seine Familie verbringen.

Das wissend und fühlend, sitzt er am Morgen mit einem tiefsitzenden Festival Blues in der S-Bahn, als er einen Anruf von einem Freund bekommt: „Nikhil, hier am Essener Campus wird Diwali gefeiert.“ Kurzerhand entschließt er sich dazu noch einen Freund einzusammeln und nach der Vorlesung nach Essen zu fahren. „Normalerweise ist das Angebot hier in Deutschland Diwali zu feiern sehr begrenzt. Ich bin ohne große Erwartungen, aber mit dem Mindset „etwas ist besser als gar nichts“ nach Essen gefahren. Als ich dort ankam war ich total überrascht!“ Gute Laune und Diwali-Feeling nehmen ihn in Empfang: Indische Musik und tanzende Studierende in traditionellen Gewändern (er)füllen das Mensa Foyer. Rangoli, indische Kunst, bei der bunte Muster aus leuchtenden Farben gelegt werden, schmückt den Boden.

„Ich tanze eigentlich nicht gerne, aber die gute Laune hat mich doch in die Menge gezogen.“ schmunzelt Nikhil. „Nichts kann Zeit mit der Familie ersetzen, aber unter Leuten meiner Community zu sein, mit denen ich meine Wurzeln teile und mit denen ich mich identifizieren kann, hat so gut getan, wie noch nie!” Nikhil unterhält sich mit vielen Leuten, tanzt und hat Spaß. „Es kamen auch ein paar Personen vorbei, die nicht aus Indien kommen und neugierig geworden sind. Das war besonders schön zu sehen.” Nach zwei Stunden plagt Nikhil der Hunger und er zieht mit seinen Freunden weiter in die Mensa, in der es in dieser Woche indisches Essen gibt. „Nirgends schmeckt es so gut wie zu Hause, trotzdem hat es ein bisschen wie Heimat geschmeckt. Es ist sehr lange her, dass ich in Indien war und das Essen dort genießen konnte.” 

Nach der Mahlzeit muss Nikhil sich wieder auf den Weg nach Hause machen, am Abend muss er arbeiten. Er lässt die Zeit Revue passieren und stellt fest: „Es war eine gute Entscheidung zum Campus zu fahren. Zumindest für diese zwei Stunden hat sich der Essener Campus ein bisschen wie zu Hause angefühlt. Und das trotz der Distanz zu meiner Familie.”


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