Wie queer sind die Streamingdienste? – Apple TV+

Artikel: Selome Abdulaziz | Die Serie Dickinson ist für unsere Redakteurin das queere Serien-Highlight auf Apple TV+.

Die Repräsentation von LGBTQ-Charakteren in Serien und Filmen wird immer besser. Wie schneiden die unterschiedlichen Streamingdienste in dem Punkt ab? Wir haben uns für euch die Programme angeschaut. Den Anfang macht Apple TV+. Achtung: Spoiler!

Apple TV+ setzt seit dem Start im November 2019 vorrangig auf Eigenproduktionen mit hochkarätigem Cast. Deshalb ist das Angebot, bestehend aus 80 Titeln (Stand: Oktober 2021), klein. Nicht verwunderlich also, dass auch das queere Angebot nicht riesig ist. 

In der Serie Little America begleiten wir in jeder Folge das Leben eines Immigranten in den USA. In Folge 8 geht es um Rafiq (Haaz Sleiman), einen homosexuellen Mann, der aus seiner Heimat Syrien flüchtet, um offen schwul leben zu können. Die Folge zeigt den schmerzhaften Weg, den Rafiq hinter sich hat, endet aber positiv mit seinem ersten Besuch in einem schwulen Club, den er als befreiend erlebt. Little America geht sehr respektvoll mit der Geschichte um, die auf wahren Begebenheiten beruht. 

Die Comedyserie Her Voice zeigt mit Prisha (Shalini Bathina) eine lesbische Figur, die mit dem Coming-Out gegenüber ihren konservativen Eltern hadert. Sie ist die Mitbewohnerin der Hauptfigur Bess (Brittany O’Grady), die versucht als Musikerin Erfolg zu haben. Prishas Geschichte steht nicht im Mittelpunkt, aber als lesbische BiPoC schafft ihre Rolle Repräsentation für eine Gruppe, die nicht oft in den Medien gezeigt wird.

Mythic Quest ist eine Sitcom rund um das gleichnamige Computerspiel und die Entwicklerfirma dahinter. Die beiden Spieletesterinnen Rachel (Ashley Burch) und Dana (Imani Hakim) versuchen, sich in der Gaming-Welt durchzusetzen und verlieben sich ineinander. Obwohl die Serie viel mit Klischees spielt und Humor eine zentrale Rolle spielt, ist die Darstellung ihrer Beziehung nicht stereotyp. Aus anfänglicher Freundschaft entwickelt sich langsam Liebe. Mythic Quest ist aufgrund der liebenswürdigen, überspitzten Charaktere nicht nur für Fans von Gaming sehr empfehlenswert. 

Einige Lichtblicke, aber kaum Repräsentation diverser Charaktere

Im Mittelpunkt der Dramaserie The Morning Show stehen die Mitarbeiter:innen einer Frühstücksfernsehen-Show. In der zweiten Staffel lernt Journalistin Bradley Jackson (Reese Witherspoon) die lesbische Nachrichtensprecherin Laura (Julianna Margulies) kennen und geht mit ihr eine Beziehung ein. Aus Angst vor den Konsequenzen, die ein öffentliches Outing für ihre Karriere bedeuten könnte, möchte Bradley die Beziehung geheim halten, was zu Konflikten führt. Es ist schön zu sehen, dass hier eine Frau in den Vierzigern gezeigt wird, da in den meisten Medien die Figuren ihr Outing als Teenager oder junge Erwachsene haben.

Das Highlight des queeren Angebots von Apple TV+ ist für mich Dickinson. Das Serien-Portrait über die US-amerikanische Dichterin Emily Dickinson, gespielt von Hailee Steinfeld, punktet mit einem ungewöhnlichen Mix aus historischer Kleidung und Kulisse gegenüber moderner Musik und Sprache. Ein Hauptstrang der Story ist die Beziehung zwischen Emily und Sue (Ella Hunt), einer Jugendfreundin, der die echte Emily Dickinson einige ihrer Gedichte widmete. Aufgrund der Zeitumstände müssen die beiden ihre Liebe geheim halten, trotzdem finden sie ihr Glück und erleben viele Abenteuer.

Visible: LGBTQ on Television ist eine Doku-Serie über die Geschichte von LGBTQ-Personen im US-Fernsehen. In sehr persönlichen Interviews geben Medienpersönlichkeiten wie Neil Patrick Harris, Billy Porter, Laverne Cox oder Ellen Degeneres einen Einblick in ihre Erfahrungen mit Queerness in der US-Amerikanischen Medienwelt. Die Dokumentation zeigt den langen Weg von Homophobie und Ausgrenzung in den Anfangsjahren zu immer mehr Repräsentation.

Fazit: Durch die kleine Auswahl lohnt sich Apple TV+ nur, wenn man Interesse an bestimmten Inhalten hat. Im Verhältnis zur Gesamtauswahl ist die Auswahl an queeren Inhalten in Ordnung, allerdings merkt man, dass hierauf kein Fokus gelegt wird. Es gibt zum Beispiel nicht die Möglichkeit, explizit nach den Kategorien queer oder LGBTQ zu suchen. Auch die Auswahl ist nicht sehr vielfältig: lesbische und bisexuelle Cis-Frauen werden repräsentiert, aber schwule, trans*, inter*, asexuelle oder nicht-binäre Charaktere kommen kaum bis gar nicht vor. Außerdem gibt es keine queeren Spielfilme.Apple TV+ kann ich für queere Inhalte also nur bedingt empfehlen. Wenn ihr allerdings Lust auf gute lesbische Repräsentation habt, lohnt sich das Abo, vor allem da der Preis von 4,99€ im Monat überschaubar ist. In einer Probewoche könnt ihr ja mal reinschnuppern, ob eine der oben genannten Serien etwas für euch ist.


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