Was ein Einbruch mit mir machte

Autorin: Helena Wagner | Für die Polizei muss unsere Redakteurin alles aufschreiben, was ihr gestohlen wurde. [Foto: Helena Wagner]

Für viele Menschen ist es die schlimmste Vorstellung: Ein Wohnungseinbruch. Junge Menschen sehen sich oft auf natürliche Art verschont vor dieser Straftat: Es lohnt sich doch nur, bei alten Menschen und großen Villen zu stehlen? Unsere Redakteurin wurde vom Gegenteil überzeugt. Obwohl sie in einem Haus voller Studi-WGs wohnt und dazu im letzten Stock, wurde bei ihr eingebrochen. Was das mit ihr machte und was sie daraus lernt.

Eine Kolumne von Helena Wagner

„Leute, Notfall!!!“ lese ich auf meinem Display. Es ist 15.30 Uhr an einem Dienstag, ich stehe gerade an der Kasse und bezahle den Einkauf, den ich nach der Uni erledigt habe. Diese Nachricht meiner Mitbewohnerin verwirrt mich, deshalb rufe ich sie an. „Bei uns wurde eingebrochen, es ist alles durcheinander, mein Geld fehlt“, erzählt sie mir aufgelöst. Innerhalb von Sekunden wird mir heiß und übel. Ich sage ihr, dass sie die Polizei rufen soll, und mache mich sofort auf den Heimweg. An die Autofahrt kann ich mich nicht erinnern, erst als ich in der Wohnung stehe, setzt mein Gedächtnis wieder ein.

In meinem Zimmer liegen meine Klamotten verstreut auf dem Boden. Alle sechs Schubladen meiner Kommode wurden aufgerissen und im Zimmer verteilt. Die Aufbewahrungsboxen, die normalerweise unter meinem Bett verstaut sind, liegen im Raum. Der Teppich ist zurückgeklappt. Auf der Kommode fehlt etwas: Mein ganzes Schmuckkästchen mitsamt den Erbstücken meiner Uroma und Oma. Die Zimmer meiner Mitbewohnerinnen sehen ähnlich schlimm aus, auch bei ihnen fehlt jeglicher Schmuck und Geld.

Täter:innenprofil: Maximal Mitte 20.

Meine Mitbewohnerin hat die Täter:innen im Treppenhaus gesehen. Wir wohnen im dritten und somit letzten Stock eines Hauses, in dem nur Studi-WGs zu finden sind. Auf dem Weg vom zweiten in den dritten Stock kamen ihr zwei junge Frauen und ein junger Mann mit einer Tasche entgegen, der sie sogar grüßte. Ihr lockeres Auftreten und das junge Aussehen ließen meine Mitbewohnerin vermuten, dass es Kommiliton:innen von mir oder unserer dritten Mitbewohnerin waren, deshalb machte sie sich keine großen Gedanken. Erst, als sie die Tür aufsperrte, die Wohnung sah und bemerkte, dass weder ich noch unsere dritte Mitbewohnerin zuhause waren, begriff sie. Die Polizei sowie die Kripo waren innerhalb von Minuten da, die Täter:innen waren jedoch schon über alle Berge. Die Hoffnung, unsere Erbstücke wiederzusehen, haben wir nicht.

Die Tage danach fühlen sich an wie die Tage nach einer heftigen Trennung, die man nicht hat kommen sehen. Wir stehen vor der Aufgabe, die Wohnung wieder aufzuräumen, das schwarze Pulver der Kripo überall abzuwischen und zu trauern. Unsere WG so zu sehen, zerreißt mir das Herz. Natürlich bin ich traurig über den Schmuck, der mir fehlt, denn er hatte einen hohen emotionalen Wert. Noch trauriger bin ich um unser Zuhause. Das Zuhause, das wir uns in zwei Jahren aufgebaut haben, wurde von drei fremden Menschen zerstört. Die Täter:innen haben uns den Rückzugsort genommen, indem sie sich zu unseren privatesten Räumen gewaltvoll Zutritt verschafft haben. Die Angst, die WG nun auflösen zu müssen, ist sehr präsent. Auch das Gefühl von fehlender Sicherheit ist kaum erträglich. Wir fühlen uns weder sicher in der Wohnung, noch verlassen wir sie mit einem guten Gefühl vor Angst, dass sie in der Zwischenzeit wiederkommen und alles von vorne beginnt. Ich betrete mein Zimmer mit Ekel, ich entsorge drei Säcke Klamotten von den Sachen, die die Täter:innen in der Hand hatten. Der Drang, alle Türen und Oberflächen abzuwischen und zu desinfizieren, verschwindet erst nach zwei Wochen.

Studis sind oft nicht versichert

Niemand von uns ist versichert, also haben wir keine Entschädigung zu erwarten. Im Gespräch mit meinen Freund:innen fällt mir auf, dass es vielen so geht. Manche sind noch über die Hausrat- oder Haftpflichtversicherung der Eltern versichert, andere gar nicht. Der jugendliche Leichtsinn und der Gedanke „Was soll mir schon passieren? Bei mir wird sowieso keiner einbrechen“ führt oft dazu, dass gerade Studis sich erst viel zu spät um eine entsprechende Versicherung kümmern. Diese rückwirkend abzuschließen, funktioniert in den meisten Fällen nicht oder nur für einen hohen Preis. Nach dieser Erfahrung lege ich allen ans Herz, sich früh genug um eine Versicherung zu kümmern, sei es gegen Diebstahl, Brand oder Verlust. Sie müssen nicht immer teuer sein und im schlimmsten Fall bewahren sie euch vor einem finanziellen Schiffbruch.


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