Im Herbst wird unsere Erde zu einer Ballerina. Was Laubfall mit Drehimpulserhaltung und Ballett zu tun hat, erfährst du in diesem Artikel.
Beitrag: Lars Gajda | Der Laubfall ist für die Beschleunigung unserer Erde verantwortlich. [Foto: Lars Gajda]
Für uns vergeht im Herbst die Zeit genau so schnell wie in allen anderen Jahreszeiten. Der Herbst kommt, die Blätter gehen, und schon bald findet man Mitte Oktober überall buntes Laub auf den Straßen. Genau dieser natürliche Ablauf, den wir jedes Jahr aufs Neue erleben, ist der Ursprung eines physikalischen Phänomens, was unsere Zeit im wahrsten Sinne des Wortes schneller vergehen lässt: Dem Ballerina-Phänomen. Dafür ein kurzes physikalisches Interlude: Der Satz der Drehimpulserhaltung besagt, dass sich die Rotation eines rotierenden Körpers (beispielsweise unsere Erde) beschleunigt, wenn die Masse (beispielsweise Laub) zur Drehachse (Erdachse) verlagert wird.
Also, das Laub fällt von den Baumkronen auf den Boden, da die Drehachse der Erde leicht geneigt durch das Erdinnere geht, liegt nun das Laub näher an der besagten Drehachse, wodurch sich die Rotation der Erde beschleunigt. So weit so gut. Nun könnte aufmerksamen Leser:innen etwas aufgefallen sein:
„Laub wiegt doch nichts.“ – Ein einzelnes Blatt wiegt tatsächlich wenig, nur kommt durch die ungeheure Menge an Blättern, die jeden Herbst zu Boden fallen, ein erstaunlich hohes Gewicht zusammen. So sammeln sich jedes Jahr pro Hektar Laubwald bis zu fünf Tonnen Laub und Holzreste.
Eine weitere Frage, die man sich stellen könnte, ist: „Aber es gibt ja überall Bäume, die Blätter verlieren, müsste es sich dann nicht gegenseitig ausgleichen?“ – Auf der Nordhalbkugel gibt es tatsächlich signifikant mehr Bäume als auf der Südhalbkugel, weshalb der Effekt nicht ausgeglichen wird und es tatsächlich zu einer messbaren Beschleunigung der Erde im Herbst kommt. Diese Beschleunigung ist jedoch sehr gering.
Die Universität Bonn hat in einer Studie ermittelt, dass sich die Erde im Herbst im Vergleich zum Frühling und Sommer mit einer Beschleunigung von zehn Nanosekunden schneller dreht. Das ist nicht wirklich viel, wenn man bedenkt, dass eine Sekunde aus einer Milliarde Nanosekunden besteht. Dieser sehr kleine Effekt wird darüber hinaus von weiteren, schwerwiegenderen Effekten, wie den sich verändernden Schneemassen auf den Gebirgen, bei weitem überlagert.
Es lässt sich dennoch festhalten, dass sich die Rotation unserer grazilen Erde im Herbst durch den Laubfall beschleunigt, ebenso wie es eine Ballerina macht, die während der Pirouette ihre Arme anzieht, um sich schneller zu drehen.