Stigmatisierung und Schnelltests

Repost zum Welt-Aids-Tag

Autorin: Julia Segantini

Obwohl 36,7 Millionen Menschen weltweit mit HIV leben und Hepatitis B zu den häufigsten Infektionskrankheiten gehört, werden diese und andere sexuell übertragbare Krankheiten noch immer als Tabuthema behandelt. Die Folge: Durch mangelhafte Aufklärung und Schamgefühle infizieren sich noch immer Millionen von Menschen. Um dagegen anzukämpfen, richtet die Duisburger Organisation Herzenslust kostenlose und anonyme Beratung und Schnelltests für heterosexuelle Männer und Männer, die mit Männern Sex haben ein. 

Laut der deutschen AIDS-Hilfe lebten in Deutschland Ende 2016 rund 88.400 Menschen mit HIV. Über 3.100 Menschen infizierten sich neu. Ungefähr 460 Menschen starben an den Folgen ihrer HIV-Infektion, während 1.100 Menschen ihre Diagnose erst erhielten, als die Krankheit schon weit fortgeschritten war. Eine weitere überraschende Zahl: Schätzungsweise 12.700 Menschen mit HIV wissen nicht einmal von ihrer Infektion. Grund genug für die Duisburger Organisation Herzenslust, erstmalig ein kostenloses Info- und Schnelltest-Angebot einzurichten. Noch bis Juli können sich homosexuelle Männer und Männer, die mit Männern Sex haben immer am ersten Dienstag im Monat von 18 bis 20 Uhr im Herzenslust Checkpoint in der AIDS- und STD-Beratungsstelle des Duisburger Gesundheitsamtes beraten und testen lassen. Das Angebot ist anonym, kostenlos und erfordert keine Anmeldung, richtet sich aber explizit an die eben genannte Personengruppe. “Diese Menschen stellen eine besondere ‘Risikogruppe’ dar”, erklärt eine Mitarbeiterin der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel, die anonym bleiben möchte. Homosexuelle und Männer mit männlichen Sexualpartnern in diesem Zusammenhang als Risikogruppe – auch mit Anführungszeichen – zu bezeichnen wirkt allerdings stigmatisierend und stellt das Thema Sexualität vor die Verhütung. 

Mit Herzenslust gegen HIV und STI

Neben einem Schnelltest und einem Bluttest auf HIV gibt es auch Testungen auf STI, sexually transmitted infections, wie Syphilis, Tripper, Chlamydien, Hepatitis A, B und C. Diese Krankheiten können einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen oder zur Unfruchtbarkeit führen. Die Tests sind jeweils mit einer vorherigen Beratung verbunden, die unmittelbar vor dem Test stattfindet. Das geschulte Personal berät bei Unsicherheiten, wenn eine Einschätzung zur Situation gewünscht wird oder es Fragen zu bestehenden Risiken und weiteren Schritten gibt. Das Team verhält sich dabei wertneutral und gibt auch Ratschläge zu Themen wie Sexualität und Partnerschaft. “Wir wollen den Menschen dabei auf Augenhöhe begegnen und niemanden verurteilen”, erklärt die Mitarbeiterin. Bei einem positiven Test gilt es weitere Untersuchungen durchzuführen. “Dazu gibt es für jeden Angebote des städtischen Gesundheitsamts, für die aber eine Anmeldung erforderlich ist”, erklärt die Mitarbeiterin der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel. Früh erkannt kann eine Therapie die Lebenserwartung HIV-Infizierter deutlich verlängern, jedoch keine vollständige Heilung des Virus bewirken. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt mittlerweile bei 73 Jahren bei Männern und bei 76 bei Frauen – wenn der*die Infizierte in Europa oder Nordamerika lebt und damit Zugang zur medizinischen Versorgung hat. 

Ein positives Ergebnis kann für die betroffene Person schwerwiegende Folgen haben. Neben der Krankheit selbst sind es auch die Vorurteile gegenüber Erkrankten, die der Person das Leben schwer machen. “Oft gibt es eine Stigmatisierung am Arbeitsplatz”, berichtet die Mitarbeiterin. “Insbesondere bei Ärzten. Em Ende dürfen sie dann nicht mal mehr in die Praxis – aus Hygienegründen, heißt es dann.” So mit der erkrankten Person umzugehen sei nicht nur diskriminierend, sondern auch unsinnig, schließlich würden ohnehin hohe Hygienestandards für alle Patient*innen gelten. Außerdem existiere weiterhin das Vorurteil, AIDS betreffe nur eine bestimmte Personengruppe. “Sie wird oft immer noch als ‘schwulenkrankheit’ stigmatisiert und in Verbindung mit Drogenkonsumenten gebracht”, meint die Mitarbeiterin. Dabei wisse man längst, dass die Erkrankung überall in der Gesellschaft zu finden sei. 

Am 25. Juli findet zudem das jährliche Angrillen von Herzenslust Duisburg und dem Kreis Wesel statt. Beim gemeinsamen Grillen und Beisammensein wird die Vorfreude auf den am Christopher Street Day, am 28. Juli zelebriert. Die Speisen sind dabei kostenlos und einige Getränke gegen eine kleine Spende erhältlich.

Weitere Infos zum Thema Safer Sex, HIV, AIDS und anderen sexuell übertragbaren Infektionen gibt es zum Beispiel unter www.herzenslust-duisburg.de und auf den Internetseiten der Städte Duisburg und Essen. Das Gesundheitsamt Essen bietet ebenfalls einen kostenlosen und anonymen HIV-Schnelltest an. 


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