reezy‘s „Mr. Misunderstood“ – Eine Albumkritik

Der Deutschrapper reezy veröffentlichte am 12. Mai sein viertes Studioalbum „Mr. Misunderstood“. Doch was kann das neue Album des Rappers und Produzenten aus Frankfurt am Main? Unsere Redakteurin hat reingehört – und eine klare Meinung.

Beitrag: Helena Wagner | Foto: Helena Wagner

Ein Jahr lang haben Fans auf das Album gewartet. Nun steigt es auf Platz 1 der deutschen Albumcharts ein. Auf einer Länge von knapp einer dreiviertel Stunde kann man auf dem Tape die Geschichte von „Mr. Misunderstood“ verfolgen. Die Struktur ähnelt der eines Konzeptalbums, doch gerade das soll es laut Sony Music nicht sein.

Die Albumveröffentlichung des Rappers war in der Vergangenheit oft ein Drama. Im März 2021 schockierte er in Instagram-Stories seine Fans: Er machte bekannt, dass sein Auto aufgebrochen und daraus sein Macbook, eine Pradatasche und eine Festplatte gestohlen wurden. Der Schock saß tief, denn laut reezy befand sich auf der Festplatte sein Album sowie andere Projekte, die er veröffentlichen wollte. Das Problem: Von diesem Album gab es keine Sicherheitskopie – und damit war es verschwunden. Reezy selbst sprach damals von seiner Existenz, die auf dem Spiel stünde, wie HipHop.de berichtete.

Ein Jahr später veröffentlichte er sein Album „Loyalty over Love“, mit dem er auf Platz 3 der deutschen Albumcharts einstieg. Nach diesem vielversprechenden letzten Album hofften viele Fans auf eine neue Ära. In der Zwischenzeit produzierte reezy unter anderem für Rapperin Loredana. Mit seiner einzigartigen Handschrift gewann er viele Fans für sich. Autotune findet sich oft in den Arbeiten des Künstlers, jedoch wurde er, anders als andere Deutschrapper, nicht zu sehr dafür kritisiert. 3,5 Millionen monatliche Hörer:innen auf Spotify beweisen, dass die Formel funktioniert.

Lyrisch sowie musikalisch wenig Abwechslung

Das neue Album „Mr. Misunderstood“ fängt stark an. Das „MISUNDERSTOOD SKIT“ wird von einer tiefen, männlichen Erzählstimme eingesprochen, so wie auch die anderen vier Skits auf dem Album. In ihnen wird jeweils ein kleiner Text vorgetragen, der thematisch mit dem Überthema des nicht verstandenen Mannes verknüpft ist und Fragen an die Hörer:innen stellt.

Doch nach den ersten drei Songs kommt die Enttäuschung. Thematisch kommt reezy von den Frauen, mit denen er schläft, sowie ihrem Aussehen oder dem Geld, das er ausgibt, nicht mehr weg. Man kann sich zwar die Frage stellen, ob das der Anspruch ist, den man an das Album hat. Doch durch die Skits, die verschiedene Abschnitte mit unterschiedlichen Themen ankündigen, ergibt die Songreihenfolge des Tapes keinen Sinn. Tracks wie „STEADY”, „TIGER“ oder die vorab veröffentlichte Single „DOCTOR“ sind Beispiele für Songs, die alleine gut pumpbar sind, im Albumkontext aber leider nicht funktionieren. Sie reihen sich in eine Liste von Songs ein, die nicht mehr bieten als reezys Beschreibung von Frauenkörpern und den Dingen, die er mit ihnen tun möchte. Mit den vorausgestellten Skits und dem jeweiligen Überthema haben sie wenig zu tun. 

Bis auf ein paar kurze, sentimentale Zeilen, in denen beschrieben wird, wie kalt Mr. Misunderstoods Herz ist, fehlt auf dem Tape ebenso ein Song, der in die Feelings geht. Auch Storytelling-Tracks, die auf das Leben des Künstlers anspielen – Fehlanzeige. So wiederholen sich Themen immer wieder, ohne dass sie einen neuen Dreh bekommen und das strengt nach der Hälfte des Albums an. Der Song „TRUSSS MEE/LACHS“ geht zwar in gewohnter reezy-Manier ordentlich nach vorne, das Feature mit Trap-Legende Luciano „EXPENSIVE SHIT“ ist ebenso einer der besser gemixten Songs, lyrisch leider einer der schlechtesten.

Der Künstler überzeugte in der Vergangenheit mit mehr oder weniger durchdachten Wortspielen mit Witz. Auch die Beats trugen Elemente, die das Hirn kitzeln. Davon hört man auf dem neuen Album leider wenig. Das Fazit: Der Aufbau des Albums mit den eingesetzten Skits und das Überthema haben Potenzial. Leider fehlt auf dem Tape thematisch sowie musikalisch die Abwechslung. Bis auf ein paar wenige Banger leider eher enttäuschend.


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