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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Ein Kommentar von Volker Strauß | Die Luxemburger:innen haben entschieden: Öffentlich-rechtliche Berichterstattung wird abgeschafft! [Foto: pixabay]

Liechtenstein könnte bald das erste Land in der EU ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein, nachdem die Bevölkerung für dessen Abschaffung gestimmt hat. Ein Verlust, der die Medienvielfalt gefährdet und zeigt, wie wichtig unabhängige Berichterstattung für die Demokratie ist.

Die Liechtensteiner:innen hinken in rechtlichen Fragen bekanntlich oft etwas hinterher: So erhielten Frauen erst 1984 das Wahlrecht, und erst ab dem nächsten Jahr werden gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt sein. Und, wer weiß? Vielleicht wollten sie jetzt einfach mal die Ersten sein: Am 27. Oktober schrieb der sechstkleinste Staat Europas traurige Geschichte: Bei einer Volksabstimmung stimmten 55,4 Prozent der Wähler:innen für die Abschaffung des öffentlichen Rundfunks. Damit wäre Liechtenstein das einzige Land in Europa, das keinen öffentlichen Rundfunk hat. Das würde die Medienvielfalt im Land erheblich einschränken, so verfügt Liechtenstein beispielsweise nur noch über eine einzige Tageszeitung. 

Der öffentlich-rechtliche Radiosender Radio Liechtenstein wurde als Nachfolger des Privatsenders Radio L gegründet, der in finanzielle Schieflage geraten war. Ob sich ein Radiosender in einem so kleinen Land privatisieren lässt, ist Expert:innen zufolge fraglich, zudem wäre es auch nur eine Umdrehung der Verstaatlichung. So hatte laut Geschäftsbericht 2023 das Radio Liechtenstein im zweiten Halbjahr 2023 rund 11.000 Hörer:innen pro Tag. Im Vergleich dazu erreicht der Radiosender 1LIVE rund 2,8 Millionen Hörer:innen pro Tag

Und auch in Deutschland gerät der öffentliche-rechtliche Rundfunk zunehmend in die Kritik: Rechte Gruppierungen, ganz vorne an die AfD, sind seit Jahren dabei, die Vertrauenswürdigkeit und damit auch die Sinnhaftigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu unterminieren. Aber auch interne Skandale und Missmanagement haben in den letzten Jahren Kritik lauter werden lassen. Eine Reform des öffentlichen Rundfunks wird momentan in der Politik diskutiert und eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags wird im Moment noch von einigen Bundesländern blockiert.

Auf Social-Media-Kanälen warnt die Tagesschau bereits vor möglichen Folgen der Reform. So könnte es sein, dass auf der Plattform Instagram nur noch über Themen berichtet werden darf, die zuvor als Beitrag auf einem öffentlich-rechtlichen Sender gelaufen sind. Wenn öffentlich-rechtliche Medien ihre Angebote nur noch über herkömmliche Wege, also über Funk und Fernsehen verbreiten, könnte dies vor allem junge Menschen abschrecken, die einen Großteil ihrer Informationen abseits dieser Kanäle beziehen. Außerdem sollen Radiosender gestrichen und zusammengelegt werden, um mehr Profit zu erzielen.

Ein Blick in die USA sollte eigentlich genügen, um die Notwendigkeit öffentlich-rechtlicher Berichterstattung zu verstehen. Hier gibt es keinen öffentlich-rechtlichen Sender, alle Medien handeln gewinnorientiert. Somit sind diese beispielsweise nicht dazu verpflichtet, umfassend zu berichten. Die Medienlandschaft in den USA wird von einigen wenigen großen Medienhäusern kontrolliert, und seit einigen Jahren werden diese von reichen Millionären aufgekauft. So erstand Salesforce-CEO Marc Benioff 2018 das Time Magazine, Milliardär und Amazon-Gründer Jeff Bezos den Washington Post in 2013 und Elon Musk ramponiert seit 2022 die Social-Media-Plattform Twitter (jetzt X), welches er nun als Sprachrohr nutzt, um Ex-Präsident Donald Trump zur Wiederwahl zu verhelfen. In ähnlicher Manier versucht wohl auch Jeff Bezos die Washington Post zu beeinflussen. So entschied er, die seit 1976 bestehende Tradition der Zeitung, einen Präsidentschaftskandidaten zu unterstützen, zu beenden. Von Insidern aus der Zeitung heißt es, dass die Zeitung eine Empfehlung für Kamala Harris veröffentlichen wollte. Durch das Nichtveröffentlichen dieser Empfehlung versuchte Amazon-Chef Bezos sich Trump anzubiedern.

Es braucht öffentlich-rechtliche und vor allem freie Medien, die eine objektive und vor allem umfassende Berichterstattung gewährleisten können. Nur so kann sichergestellt werden, dass Minderheiten gehört und über vernachlässigte Themen berichtet wird.

Wer den Rundfunk abschaffen will, versucht unserer Demokratie zu schaden und öffnet Tür und Tor für Propaganda und Populismus. Ein Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk muss immer auch als Angriff auf die demokratische Grundordnung gesehen werden. Eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist zwar notwendig, Flurschaden muss aber vermieden werden. Gerade in Zeiten von Desinformation, Populismus und Propaganda ist freie, umfassende Berichterstattung unabdingbar.

Volker (23) schreibt seit September 2023 für die Ak[due]ll. Er studiert Wirtschaftsinformatik an der UDE.