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Entgegen Rumanns Aussage: Freiversuche möglich?

Autorin: Julika Ude | Foto: Julika Ude

Während der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) und Studierende der Universität Duisburg-Essen (UDE) weiterhin Freiversuche fordern, betont Prorektor Prof. Stefan Rumann, es könne aus rechtlichen Gründen keine Freiversuche für die kommende Prüfungsphase geben. Der AStA-Vorsitz und das studentische Senatsmitglied Leonie Hecken sehen das anders. Was sie neben Freiversuchen fordern und wie sie die rechtliche Grundlage dafür legen wollen.

In der Senatssitzung vom 13. Januar 2023 fragten die AStA-Vorsitzende Frauke Pohlschmidt (GHG) und studentische Senatsmitglieder wie Leonie Hecken (Juso HSG) und Nadine Laubinger (LHG) das Rektorat nach einer Freiversuchsregelung wegen des durch den Hackerangriff eingeschränkten Uni-Alltags. Prof. Stefan Rumann, Prorektor für Studium, Lehre und Bildung an der UDE entgegnete: „Die Lehrqualität in der medialen Versorgung ist nicht so stark eingeschränkt gewesen, dass die Prüfungen des Wintersemesters 2022/23 nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können.“

Er verwies auch auf die fehlende rechtliche Grundlage für eine Freiversuchsregelung. Die Freiversuche, die wegen Covid in den letzten Jahren galten, waren durch die Corona-Epidemie-Hochschulverordnung rechtlich möglich. Diese Grundlage gebe es jetzt nicht, so der Prorektor (ak[due]ll berichtete). Auf der Senatssitzung appellierte Frauke Pohlschmidt, Änderungen an den geltenden Ordnungen zu verabschieden, um die fehlende rechtliche Grundlage herbeizuführen. Rumann betonte, dass die Zeit fehle: „Dann müsste man innerhalb von drei Wochen eine Ordnung ändern.“

AStA kritisiert fehlende Chancengleichheit

In der Videobotschaft vom 25. Januar 2023 an die Studierenden wiederholt Rumann seine Aussagen diesbezüglich: „[Eine Änderung der Rahmenprüfungsordnung] ist in der Kürze der Zeit nicht zu bewerkstelligen.“ Er fasste mit den Studiendekan:innen bezüglich der An- und Abmeldung für Klausuren aber den Beschluss: „Angemeldete, aber nicht angetretene Prüfungen gelten als nicht unternommen.“ So könnten Studierende bis zur letzten Sekunde überlegen, ob sie zur Prüfung erscheinen.

Viele Studierende sehen die veränderte Abmeldefrist als unzureichend an. „Das Semester war nervenaufreibend und durch die Cyberattacke liegen viele im Lernverzug. Studenten sollten gefördert und nicht dazu motiviert werden, sich von den Klausuren wegen Unsicherheit und Halbwissen abzumelden. Mit Freiversuchen könnte man vielen Studierenden den Druck von den Schultern nehmen“, kommentiert eine Studierende den Post der UDE zu der geänderten Abmeldefrist.

Drei Forderungen an das Rektorat

Leonie Hecken und der AStA-Vorsitz, Frauke Pohlschmidt und Milane Hoffmann (Juso HSG), arbeiteten in der letzten Woche drei Forderungen zur Kompensation der Folgen des Hackerangriffs aus, die sie an das Rektorat und die Fakultäten stellen. Darunter auch eine Möglichkeit zur Änderung der Prüfungsordnungen, die Freiversuche noch für diese Prüfungsphase möglich machen soll.

Sie fordern einen zusätzlichen Prüfungstermin in der kommenden Prüfungsphase. Leonie Hecken erklärt, dass in den Prüfungsordnungen der UDE festgelegt ist, wie oft Prüfungen angeboten werden müssen. In den Prüfungsordnungen sei ebenso die Abmeldefrist zu Prüfungen geregelt, die Prof. Rumann zusammen mit den Dekan:innen änderte. Hecken fordert, wenn dies möglich ist, dann sollte auch ein weiterer Prüfungstermin möglich sein. Denn: Die Prüfungsordnungen für Bachelorstudiengänge ohne Lehramtsoption schreibe lediglich vor, dass nicht weniger als zwei Prüfungen in zwei aufeinanderfolgenden Semestern angeboten werden dürfen.

„Für die konkrete Umsetzung eines zusätzlichen Prüfungstermines kann nach Aussage von Prorektor Prof. Rumann nur eine Empfehlung oder Bitte an die Fakultäten ausgesprochen werden – diese hat er uns auch bereits zugesichert“, erklärt Hecken. Derzeit versuchen die Studierendenvertreter:innen, einen Weg zu finden, die tatsächliche Umsetzung zu gewährleisten – zum Beispiel durch Zustimmung der Dekan:innen oder den Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse.

Sind Freiversuche doch möglich?

Die zweite Forderung beinhaltet Freiversuche für das laufende Semester. „Hierfür gibt es zwar keine durch das Land NRW erlassene Ordnung, wie Prorektor Rumann zutreffend sagte, jedoch gibt es auch keine einschränkende Vorgabe durch das Land NRW.“ Im Hochschulgesetz (HG) NRW werden die Bedingungen für Prüfungswiederholungen den Hochschulen überlassen. Genaueres sei in den Prüfungsordnungen geregelt. „Dementsprechend kann man in den Prüfungsordnungen, oder möglicherweise durch den Erlass einer zusätzlichen Ordnung, die Grundlage dafür legen, dass das Rektorat in Notlagen z.B. eine Freiversuchsregelung erlassen kann.“

„Wir fordern auch die Streichung der Begrenzung von Wiederholungen für alle Prüfungen mit Ausnahme der Abschlussprüfungen.“, fährt Hecken fort. Das Hochschulgesetz NRW überlasse die Anzahl der Wiederholungsversuche den Hochschulen. In den zentralen Prüfungsordnungen der UDE sei festgelegt, dass Prüfungen nur zweimal (teilweise dreimal) wiederholt werden dürfen. Die Änderung der Prüfungsordnungen an den entsprechenden Stellen, die die Wiederholungen von Prüfungen regeln, sei möglich. Im Nachgang müssten auch die Fachprüfungsordnungen aller Studiengänge angepasst werden. Ob diese rückwirkende Änderung möglich ist, lassen der AStA-Vorsitz und Hecken noch vom Justiziariat prüfen.

Hier soll über die Änderungen der Prüfungsordnung bei der nächsten Sitzung am 03. Februar entschieden werden. [Foto: Magdalena Kensy]

Der Weg, den die Änderungen durchlaufen müssten

Es müsse viele Gespräche mit den Fakultätsräten, Dekanaten und dem Rektorat geben, um deren Zustimmung besonders zu der Streichung der begrenzten Wiederholungsmöglichkeiten einer Prüfung zu erlangen. AStA-Vorsitz und Hecken seien dabei darauf angewiesen, dass möglichst alle Studierenden kommunizieren, sofern sie sich durch den Cyberangriff in Bezug auf die Prüfungsphase in einer misslichen Lage befinden. „In Form von höflich formulierten Mails kann dies den Fakultätsräten, Studiendekan:innnen, dem Prorektor Prof. Rumann oder den gewählten Senator:innen geschrieben werden.“

Die Änderung der Prüfungsordnungen sei abhängig von den Terminen der Gremien. Eine Änderung der zentralen Prüfungsordnungen muss von der Kommission für Lehre, Studium und Weiterbildung (KLSW) dem Senat empfohlen werden und danach durch den Senat beschlossen werden. Darüber hinaus müsse auch das Rektorat zustimmen. Einen Antrag zur Änderung der Ordnungen erarbeite Leonie Hecken derzeit. Geplant ist, diesen Änderungsantrag am kommenden Freitag, dem 27. Januar, in der KLSW und am darauffolgenden Freitag, dem 03. Februar, im Senat einzubringen.

Sollte die Änderung am 03. Februar vom Senat verabschiedet werden, müsse sie nur noch im Verkündungsblatt veröffentlicht werden und würde ab dem Zeitpunkt gelten. „Insbesondere mit einer rückwirkenden Änderung wären unsere Forderungen somit gut umsetzbar. Die größte Hürde wird allerdings, die anderen Mitglieder des Senats beziehungsweise der Fakultäten von unseren Vorschlägen zu überzeugen.” 

Hier könnt ihr das Hochschulgesetz NRW einsehen. Der ak[due]ll-Redaktion liegen die Grundordnung der UDE, die Studienordnung Medizin der UDE, die Rahmenprüfungsordnung für Bachelorstudiengänge an der UDE, die gemeinsame Prüfungsordnung für den Bachelorstudiengang mit der Lehramtsoption Gymnasien und Gesamtschulen an der UDE und die Geschäftsordnung des Senats der UDE in PDF-Form vor. Wir können keinen Internetlink dazu bereitstellen, da sie vor dem Hackerangriff von der alten UDE-Website heruntergeladen wurden und auf der neuen von uns noch nicht gefunden wurden.