Ein ungewöhnlicher Beruf: Simulationspatient:innen

Autorin: Selome Abdulaziz | Simulationspatient:innen spielen Untersuchungen. [Foto: Ines Ziemniak]

Beim Medizinstudium geht es vor allem um eins: Pauken bis zum Umfallen. So ist jedenfalls die Vorstellung. Dabei ist auch Empathie wichtig. Medizinstudierende sollen den Umgang mit Patient:innen mithilfe von Schauspieler:innen lernen, die Krankheiten simulieren.

Was ungewöhnlich klingt, ist an vielen Universitätskliniken Alltag, so auch an der  Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE). Seit 2004 gibt es hier das Simulationspatienten-Programm, bei dem Untersuchungssituationen geübt werden. Ariane Raspe arbeitet dort als Trainerin für Simulationspatient:innen. Die Schauspielerin stieg 2013 selbst als Simulationspatientin ein. Nach einer Ausbildung zur Theaterpädagogin wechselte sie zum heutigen Job. Zu ihren Aufgaben gehören das Vermitteln der Rollen für die Schauspieler:innen und administrative Aufgaben wie Terminkoordination, die Besetzung der Rollen für die Unterrichtskurse und Prüfungen sowie die Organisation und Durchführung dieser. Für Raspe ist das Ziel des Programms, die Medizinstudierenden in der Ausbildung zu unterstützen. Mit Hilfe der Simulationspatient:innen üben die angehenden Mediziner:innen  Anamnesegespräche, klinische Untersuchungen und das Überbringen schlechter Nachrichten. Dabei wird auch das empathische Kommunizieren mit Patient:innen trainiert.

Die Schauspieler:innen kommen bei klinischen Untersuchungskursen, die zweimal die Woche stattfinden, bei der dreitätigen Prüfung Objective Structured Clinical Examination (OSCE) sowie an den U-Kurs-Prüfungen zum Einsatz. Der Pool der Schauspieler:innen besteht zur Hälfte aus Amateurschauspieler:innen und zur anderen Hälfte aus Profis. Die Einsätze variieren dabei zwischen zwei und zehn Stunden. Amateurschauspieler:innen werden halbtags in einer Rolle eingesetzt, die Profis können ganztags in zwei unterschiedlichen Rollen eingesetzt werden. „Eine Rolle den ganzen Tag durchzuspielen ist sehr anstrengend, da weiß man irgendwann nachmittags nicht mehr, wem man was beantwortet hat, weil man vormittags schon 24 Studis begegnet ist. Deswegen wechseln wir mit den Rollen, damit man nochmal mit frischer Konzentration dran geht“, erklärt Raspe.

Rollenspiel mit Skript

Vor einem Einsatz bekommen die Schauspieler:innen Rollenskripte. Raspe erläutert, dass es dabei meist nicht darum geht, den Text Wort für Wort auswendig zu lernen: „Stattdessen gibt es Eckdaten, wo die Schmerzen sind und welche Symptome man hat. Es gibt aber Rollen, wo gewünscht ist, dass explizit Text gelernt wird, das ist meistens bei der Psychosomatik der Fall.“ Nachdem sie das Skript bekommen haben, sprechen die Schauspieler:innen die Rolle mit Raspe durch und klären Fragen. Sie nimmt dann die Rolle der Studierenden für einige Spieldurchläufe ein. „Ich stelle Fragen für das Anamnesegespräch und erkläre im Vorfeld, wo genau was weh tun soll und bei welcher Berührung beispielsweise geschrien werden muss.“

Damit die Simulation realistischer wirkt, wird die Schminktechnik der realistischen Unfalldarstellung eingesetzt, um Wunden zu schminken. Professionelle Maskenbildner:innen bringen den Teammitgliedern bei einer jährlichen Schulung die Technik bei. „Es reicht von kleinen Sachen wie einem blauen Fleck bis zur Platzwunde am Kopf oder herausragenden Knochen am Arm, eitrigen Wunden, Verbrennungen. Das sieht immer sehr realistisch aus. Es kam schon vor, dass jemand dachte, dass es wirklich ein echter Patient wäre”, berichtet Raspe.

Skills für den BerufUm selbst Schauspielpatient:in zu werden, sind Schauspiel- und Feedbackerfahrung laut Raspe von Vorteil, da die Patient:innen den Studierenden Feedback zur Untersuchung geben sollen. „Das ist aber kein Muss, wir geben Schauspieltrainings und Feedbackkurse, so dass man alles noch lernen kann.“ Auch medizinisches Vorwissen sei nicht notwendig und teilweise sogar hinderlich, da die Schauspieler:innen vor den Studierenden so tun sollten, als würden sie die Begriffe zum ersten Mal hören. Bei Interesse könnt ihr euch über die Webseite der Medizinischen Fakultät bewerben.


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