Der „Talahon“: TikTok-Trend oder soziales Phänomen?

Artikel: Mazen Hassoun | Jugendliche, die sich als Talahons bezeichnen und sich vor den Hauptbahnhöfen aufhalten. [Foto: www.tiktok.com/@talasohn]

Habt ihr von den „Talahons“ gehört? Warum löst der Begriff so viel Kritik auf sozialen Medien aus? In diesem Artikel erklären wir euch, was „Talahon” bedeutet und woher der Begriff stammt.

Gefälschte Gucci-Taschen, auffällige Caps und Seiten auf Null: der typische Stil von einem „Talahon”. Er ist fast immer in Gruppen unterwegs und hängt meistens in der Innenstadt oder am Hauptbahnhof. Er spuckt ständig und boxt in die Luft. Auf TikTok verbreiten sich seit Wochen zahlreiche Videos über den „Talahon“. Der Inhalt ist unterschiedlich. Denn während manche davon begeistert sind und dem Trend folgen, ärgern sich viele andere darüber und auch rassistische Kommentare tauchen auf.

Woher kommt der Begriff?

Der Begriff „Talahon“ hat seinen Ursprung in der arabisch-syrischen Redewendung „Ta3al Lahon“, was auf Deutsch „komm hier“ bedeutet. Dieser Ausdruck wurde durch den syrisch-kurdischen Rapper Hassan populär. In seinem Song „Ta3al Lahon“, der im Jahr 2022 veröffentlicht wurde, spricht Hassan über das Leben auf der Straße, Gewalt und Kriminalität. „Ta3al Lahon, ich gib’ dir ein’ Stich, ich bin der Patron“, singt Hassan

Der Song ist nun auf fast jedem Talahon-Video auf TikTok zu hören und hat mittlerweile mehr als 2 Millionen Aufrufe auf YouTube. Hassan bestreitet, dass sein Song Gewaltverherrlichung verbreitet und beschreibt ihn als Kunst. 

Es ist jedoch kein Männer-Trend. Sowohl Männer als auch Frauen machen bei diesem Trend mit. Die „Talahina“ ist der weibliche Begriff von „Talahon“. Sie nutzen auch die gleiche Sprache und die ähnliche Verhaltensweise der „Talahons“.

Ein Trend oder ein soziales Phänomen?

Eins ist klar, der Begriff „Talahon“ ist neu, die „Talahons“ aber nicht. In der syrischen Community in Deutschland wurde dieses Phänomen längst wahrgenommen und anders bezeichnet. „Edschian Al-Banhof” wurden sie von einem syrischen Journalist genannt, eine arabische Bezeichnung, die auf Deutsch „Bahnhof Jungs“ bedeutet.

Die Verherrlichung von Gewalt und einem hypermaskulinen Lebensstil innerhalb dieser Gruppen ist problematisch. Bemerkbar ist das meistens bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder aus sozialbenachteiligten Familien. Viele in diesem Alter nehmen Trends an, ohne viel über den Inhalt nachzudenken.

Doch die Verherrlichung von Gewalt ist nicht der einzige Kritikpunkt an dem Trend. Ein Mann brauche vier Frauen, eine zum Kochen, eine zum Putzen, eine, um den Mann zu befriedigen und eine, mit der man machen könne, was man möchte, sagt ein „Talahon“ in einem TikTok Video. Dass dieser „Talahon“ so ein veraltetes Bild von Frauen hat ist kein Einzelfall. Viele von ihnen zeigen ein machohaftes Verhalten und glauben an veraltete soziale Rollenbilder.

Wie wird der Trend wahrgenommen?

Die Reaktionen auf diesen Trend sind unterschiedlich. Einige machen gerne mit, wie Mahmoud, der auf TikTok als „talasohn“ bekannt ist und mehr als 140 Tausend Follower hat. In einem Interview mit dem WDR bezeichnet sich der Jugendliche selbst als „Talahon“ und sagt, dass er gerne bei diesem Trend mitmache. 

Der Begriff löste eine Debatte darüber aus, ob und inwieweit er rassistisch oder stereotypisch ist. Während einige Jugendliche wie Mahmoud den Begriff stolz als Selbstbezeichnung verwenden, sehen Kritiker darin eine gefährliche Verallgemeinerung, die Jugendliche aus Migrationshintergrund als gewalttätig und frauenverachtend darstellt.

Jedoch ärgern sich auch viele über den Trend. Auf den sozialen Medien, meistens auf TikTok und Facebook, verbreiten sich seit Wochen Hasskommentare gegen den „Talahon“, manchmal auch rassistische Kommentare oder Aufrufe zur Abschiebung von diesen Jugendlichen. 


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