Campuserlebnis: Vortragsangst 

Redaktion | … [Illustration: Redaktion]

Zitternde Hände, unruhiger Atem und ein nervöses Grummeln im Magen – diese Symptome suchen mich ausnahmslos jedes Mal kurz vor einem Referat oder einer Präsentation in der Uni heim. Wie sich Vortragsangst anfühlt und wie ich mit ihr umgehe, lest ihr hier.

„Übung macht den Meister”, wurde mir häufig entgegnet, wenn ich meine Angst vor Referaten erwähnt habe. Ich studiere inzwischen schon so viele Semester, dass ich mich eigentlich mittlerweile daran gewöhnt haben müsste vor Gruppen zu sprechen. In der Realität sieht das anders aus. Mir wird schon mulmig zumute, wenn im Kursplan für ein Seminar als zu erbringende Leistung „Referat” steht – nicht erst ein Mal habe ich mich deswegen doch für einen anderen Kurs entschieden. 

Sich sein ganzes Studium lang vor Referaten zu drücken, funktioniert leider auch nicht. Also habe ich, wenn auch widerwillig, versucht, mich meiner Angst zu stellen – in der Hoffnung, dass es mit jedem Referat leichter wird. Doch jedes Mal aufs Neue wurde ich schon Tage vor dem eigentlichen Vortrag nervös. War es dann soweit, fühlte ich mich unsicher, egal wie gut ich vorbereitet war oder wie oft ich geübt hatte. Zu groß war die Furcht davor, dass sich ereignet, was sich bisher immer nach den ersten Sätzen ereignet hatte: Meine Stimme überschlägt sich, ich rede zu schnell, kriege kaum Luft mehr, laufe rot an und lasse die Hälfte des Referats weg, das ich mühsam vorbereitet hatte. Hinzu kommt die ständige Angst, dass mir jemand eine Frage stellt, die ich nicht beantworten kann, und mich damit als unwissende Hochstaplerin enttarnt. Die unzähligen Blicke, die sich wie auf mich gerichtete Scheinwerfer anfühlen, machen das Ganze nicht leichter. 

Entspannungstechniken, Atemübungen, halbherzige Pep-Talks, die immergleichen Tipps, sich einen Fokuspunkt an der Wand zu suchen und einen sicheren Stand zu wählen – nichts wollte so wirklich helfen. Als ich versuchte, der Angst auf den Grund zu gehen, kam ich nicht weit: mental wusste ich, dass ich nichts Schlimmes zu befürchten hatte und dass die anderen mich höchstwahrscheinlich nicht mit Tomaten bewerfen und auslachen würden. Doch die Angst wollte meinen Körper partout nicht verlassen. 

Statt sie zu bekämpfen und überwinden zu wollen, habe ich inzwischen begonnen, sie hinzunehmen. Dass ich mich mit ihr angefreundet hätte, wäre eindeutig zu viel gesagt, aber ich habe sie als nervige kleine Begleiterin akzeptiert. Wenn auch die Angst bei jedem Referat blieb, wuchs ebenso die Genervtheit von ihr. Anstatt mich von ihr übermannt zu fühlen, betrachtete ich sie immer mehr als störenden Nebencharakter. Der Perspektivwechsel hat ihr ein wenig die Macht genommen – und den Umgang mit ihr vereinfacht. 

Muss ich jetzt ein Referat halten, spreche ich meine Nervosität zu Beginn oft einfach selbst an oder scherze über zitternde Hände oder zu schnelles Sprechen. So muss ich nicht ständig darüber nachdenken, ob die anderen meine Angst bemerken, sondern nehme sie selbst vorweg. Wenn die anderen daraufhin mit mir lachen oder mir zu Erkennen geben, dass es ihnen in dieser Situation sonst ähnlich geht, wirken sie gar nicht mehr so fremd und einschüchternd, und ich fühle mich direkt wohler. Sollte ich trotzdem ins Straucheln kommen, nehme ich mir die Zeit, um mich zu sortieren – der Trick ist, es nicht verstecken zu wollen.


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