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Brachflächen & Geister-Büros: Leerstand vs. Wohnungsnot im Ruhrgebiet

Artikel: Anna Olivia Böke | Auch auf dem HSP Gelände in Dortmund wurden 2023 alle Baupläne gestoppt. [Foto: Anna Olivia Böke]

Der Leerstand von Wohnungen und Büroflächen im Ruhrgebiet, insbesondere in Städten wie Duisburg und Essen, ist ein vielschichtiges Problem, das vor allem Studierende betrifft, die auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum sind. Während die Wohnungsnot in einigen Bereichen deutlich spürbar ist, stehen in anderen Regionen viele Gebäude leer. Diese Diskrepanz führt zu einer angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt, die von steigenden Mieten und einem Mangel an bezahlbarem Wohnraum geprägt ist.

Das Ruhrgebiet, einst als Industriezentrum bekannt, hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Ein Rückgang der Bevölkerung in einigen Gebieten, gepaart mit einer schwächelnden Wirtschaft, hat zu einem steigenden Leerstand geführt. Besonders betroffen sind ehemalige Arbeitersiedlungen und strukturschwache Stadtteile, in denen die Nachfrage nach Wohnraum gering ist. Im Jahr 2023 lag die Leerstandsquote von Büroflächen in Essen bei etwa 5,8 Prozent und auch in Duisburg sind viele Wohnungen ungenutzt​.

Laut dem Mieterbund NRW stehen deutschlandweit etwa 1,9 Millionen Wohnungen leer, wobei die Leerstandsquoten in verschiedenen Regionen stark variieren. In den Ballungszentren entlang der Rheinschiene, zu denen auch Duisburg und Essen gehören, ist der Leerstand deutlich niedriger. Dort verschärfen jedoch steigende Mieten die Situation, was besonders Studierende vor Herausforderungen stellt.

Auswirkungen auf Studierende

Die Universität Duisburg-Essen, eine der größten Hochschulen im Ruhrgebiet, verzeichnet jährlich eine hohe Anzahl von Studierenden. Diese müssen sich oft in einem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt zurechtfinden. Während einige Glück haben und in den Wohnheimen des Studierendenwerks unterkommen, kämpfen viele um freie WG-Zimmer oder kleine Wohnungen.

In Duisburg lag die Leerstandsquote für Wohnungen im Jahr 2017 bei etwa 4,4 Prozent. Auch wenn das auf den ersten Blick viel erscheint, profitieren Studierende nur bedingt davon. Oft handelt es sich bei den leerstehenden Wohnungen um Immobilien in schlechtem Zustand oder in unattraktiven Lagen. Gleichzeitig führen steigende Mieten in den gefragteren Vierteln zu einer weiteren Verschärfung der Situation. So warnt der Deutsche Mieterbund vor einer „Mieten-Explosion“, die gerade im Ruhrgebiet viele Menschen belastet​.

Maßnahmen und Lösungen

Um dem Leerstand und der Wohnungsnot entgegenzuwirken, haben einige Kommunen bereits Maßnahmen ergriffen. Das Wohnraumstärkungsgesetz in NRW erlaubt es Städten, gegen „Zweckentfremdung von Wohnraum“ vorzugehen. Das bedeutet, dass Kommunen Bußgelder verhängen können, wenn Wohnungen mehr als sechs Monate leer stehen, ohne dass ein triftiger Grund vorliegt​. Solche Regelungen werden allerdings nicht überall konsequent umgesetzt.

In Städten wie Bochum wird zusätzlich versucht, den Leerstand durch finanzielle Anreize zu bekämpfen. Ein Millionenpaket wurde geschnürt, um Eigentümer dazu zu bewegen, ungenutzte Wohnungen wieder auf den Markt zu bringen. Die Stadt erhofft sich dadurch eine Entlastung des angespannten Wohnungsmarktes​.

Handlungsbedarf für Studierende

Für Studierende der Universität Duisburg-Essen bleibt die Wohnsituation trotz dieser Maßnahmen herausfordernd. Besonders in attraktiven Wohngegenden, die eine gute Anbindung an den Campus und das Stadtzentrum bieten, sind bezahlbare Wohnungen schwer zu finden. Gleichzeitig steht Wohnraum leer, der oft aufgrund von Sanierungsbedarf oder schlechten Standortfaktoren nicht genutzt wird. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Städten und der Universität könnte dazu beitragen, den Leerstand gezielter für Studierende zu nutzen. Zum Beispiel könnten leerstehende Büroflächen zu Wohnraum umfunktioniert werden, wie es in einigen europäischen Städten, wie Amsterdam oder Berlin, bereits erfolgreich umgesetzt wurde.

Die Zukunft wird zeigen, ob die getroffenen Maßnahmen ausreichen, um die Situation zu verbessern. Wichtig ist, dass Studierende in den Planungsprozess einbezogen werden, um ihre Bedürfnisse besser zu berücksichtigen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Ruhrgebiet auch in Zukunft ein attraktiver Studienort bleibt.

Brachflächen als Chance

Ein weiterer Aspekt des Leerstands im Ruhrgebiet betrifft die zahlreichen Brachflächen, die seit dem Niedergang der Schwerindustrie ungenutzt geblieben sind. Besonders das HSP-Gelände in Dortmund, das vormals von der Hoesch Spundwand und Profil GmbH genutzt wurde, steht symbolisch für diese ungenutzten Flächen. Trotz vieler Pläne zur Umnutzung als Gewerbefläche wurden die Entwicklungspläne im Jahr 2023 gestoppt​. Das Gelände bleibt vorerst ungenutzt, obwohl es in einer strategisch günstigen Lage liegt und großes Potenzial für neue wirtschaftliche Projekte bietet.

Brachflächen im Ruhrgebiet sind ein zentrales Thema, da sie sowohl ökologisch als auch städtebaulich wertvolle Ressourcen darstellen. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) erfasst systematisch solche Flächen, um sie einer möglichen Nachnutzung zuzuführen​. Zudem verfolgt der Regionalverband Ruhr (RVR) das Ziel, diese Areale zu revitalisieren und ihre Potenziale für Wohnraum oder Gewerbe zu heben. Solche Flächen könnten, ähnlich wie Büroflächen, für neue Wohnprojekte oder für stadtnahe Grünflächen genutzt werden. Dies könnte langfristig auch Studierenden zugutekommen, die günstigen Wohnraum in gut angebundenen Stadtteilen benötigen.

Das HSP-Gelände bleibt dabei ein prominentes Beispiel für die Herausforderungen, aber auch die Chancen, die in der Umnutzung von Industriebrachen im Ruhrgebiet liegen.