Altersvorsorge – Ein Thema für Studierende!

Autorin: Selome Abdulaziz | Illustration: Caroline Beck

Macht ihr euch bereits Gedanken über eure Altersvorsorge? Auch wenn die Rente für die meisten Studierenden in weiter Zukunft liegt, solltet ihr euch bereits jetzt damit befassen. Wieso, erklärt Robert Heselmann. Er arbeitet im Presse- und Informationsreferat der Deutschen Rentenversicherung Rheinland.

ak[due]ll: Ist die Rente für die Generation jetziger Studierender sicher?

Robert Heselmann, Deutsche Rentenversicherung Rheinland: Es sind noch 40 bis 50 Jahre, bis die jetzige Generation in Rente geht. So weit in die Zukunft zu schauen ist extrem schwierig. Man kann nur schwer sagen, wie die Gesellschaft aussehen wird, wie die Politik sich entwickelt. Trotzdem kann man optimistisch sein. Der demografische Wandel wird immer als Herausforderung angeführt, das bedeutet, dass es immer weniger Arbeitnehmer und immer mehr Rentner gibt. Das Problem gibt es schon seit Jahrzehnten, das konnte bisher immer gut abgefedert werden. 

Es gibt andere Herausforderungen, die die Rentenversicherung überstanden hat, seitdem sie 1889 durch Bismarck eingeführt wurde. Die Rente gibt es seit über 130 Jahren und bisher gab es noch nie eine Rentenkürzung. Die Rente hat zwei Weltkriege überstanden, die deutsche Wiedervereinigung und diverse Wirtschafts- und Finanzkrisen. Dieses umlagefinanzierte System (jetzige Arbeitnehmer finanzieren jetzige Rentner) funktioniert gut. Seit Jahrzehnten haben wir einen stabilen, teilweise sinkenden Beitragssatz, der um die 19 Prozent schwankt (aktuell sind es 18,6 Prozent). Durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit kann sich die Rentenversicherung gut auf politische Veränderungen einstellen. 

Im Moment sehe ich die Herausforderung darin, wie sich der Arbeitsmarkt weiterentwickelt. Wenn der Arbeitsmarkt gut läuft, steigen in der Regel auch die Renten. Potenzial liegt in der stärkeren Integration von Frauen am Arbeitsmarkt, da immer mehr Frauen berufstätig geworden sind, sicherlich auch durch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch dass immer mehr ältere Menschen länger arbeiten, wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt aus. 

Darüber hinaus muss die Politik schauen, wie sie damit umgeht. Es gibt immer wieder Stimmen, die fordern, wir müssen bis zum 70. Lebensjahr arbeiten. Das ist bisher noch nie durchgegangen, die Leute können und möchten es nicht, vor allem in körperlich anstrengenden Berufen. Eine andere Stellschraube wäre es, den Rentenbeitrag zu erhöhen. Bei einem Rentenbeitrag von 30 bis 40 Prozent gäbe es mehr Rente. Das geht aber auch nicht, weil das den Arbeitsmarkt zu sehr belastet. Leute könnten nicht mehr von ihrem Gehalt leben. Das heißt, die Politik ist gefordert, zu schauen, wie man damit filigran umgeht. Der Vorteil der gesetzlichen Rente ist, dass sie kein starres System ist, sondern anpassungsfähig. Sie hat eine Menge Vorteile, die optimistisch in die Zukunft blicken lassen.

Robert Heselmann ist Teil des Presse-Teams der Deutschen Rentenversicherung Rheinland. [Foto: privat]

ak[due]ll: Welche Möglichkeiten der Altersvorsorge gibt es?

Heselmann: Es gibt vom Staat geförderte Altersvorsorge und solche, die nicht gefördert wird. Gefördert heißt, wenn ich selbst Geld für mein Alter zurücklege, gibt der Staat etwas dazu. Für Studierende kommt da hauptsächlich Riester in Frage. Bei Riester wissen wir allerdings nicht, wie das in den nächsten Jahren weitergeht. Riester wird derzeit oft infrage gestellt, weil die Renditen nicht so gut waren, da die Versicherer hohe Gebühren genommen haben. Die Politik schaut, wie sie das System reformieren kann. 

Infobox Riester: Die Riester-Rente ist eine private Altersvorsorge, die durch staatliche Zulagen bezuschusst wird. Der Begriff geht auf Walter Riester zurück, der als ehemaliger Bundesminister für Arbeit und Soziales die freiwillige Altersversorgung fördern wollte. Eingeführt wurde die Riester-Rente am 01. Januar 2002.

ak[due]ll: Welche Sparformen gibt es bei der Riester-Rente?

Heselmann: Die einfachste ist der Riester Sparplan, ein ganz normales Sparkonto. Da überweisen Sie jeden Monat Geld drauf und der Staat gibt etwas dazu. Dann gibt es die Riester Fondssparpläne, da werden jeden Monat Fondsanteile gekauft. Diese Fondssparpläne werden von verschiedenen Banken und Fondsgesellschaften angeboten. Es gibt einige Fonds, die vom Staat gefördert werden. Außerdem gibt es die Riester Rentenversicherung. Sie ist wie eine normale Rentenversicherung. Ich zahle beispielsweise jeden Monat 50 Euro, spare mein Leben lang und wenn ich ein bestimmtes Alter erreicht habe, wird mir mein angesammeltes Kapital ratenweise ausgezahlt. Entweder für einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel 20 Jahre. Oder man vereinbart, dass es lebenslang gezahlt wird, das muss dann anders kalkuliert werden. Dann gibt es Wohnriester, also die Förderung von Wohneigentum. Der Staat beteiligt sich dann beispielsweise an meinem Bausparvertrag. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Betriebsrenten fördern zu lassen. Nicht geförderte Altersvorsorge wäre das klassische Sparen auf einem Sparbuch, das ist die simpelste Form. Dann Wertpapiere im weitesten Sinne wie Fonds und Aktien. Außerdem kann ich Versicherungen abschließen, zum Beispiel eine Lebensversicherung, kann Immobilien erwerben oder sonstige Wertanlagen. Ich könnte mir Kunst kaufen oder Edelmetalle. Die private ungeförderte Anlage ist mannigfaltig. Inwieweit das sinnhaft ist, ist eine andere Frage.

Infobox Fonds: Ein Investmentfonds sammelt das Geld von Anleger:innen. Dieses Kapital wird dann für die Anleger:innen investiert. Der Vorteil eines Fonds besteht in der Risikostreuung. Er investiert nicht nur in eine Aktie oder in eine Anleihe, also das, was Anleger:innen, die nur wenig Kapital aufwenden wollen, vermeiden sollten, sondern in viele. Bei einem Aktienfonds können Anleger:innen von den Wertsteigerungen der Aktien und von Dividendenzahlungen profitieren.

ak[due]ll: Sollten Studierende privat vorsorgen?

Heselmann: Ja, auf jeden Fall, so früh wie möglich. Das Geld kann durch den Zinseszinseffekt arbeiten. Man sollte so früh wie möglich damit anfangen, auch wenn es nur ein paar Euro sind, um sich daran zu gewöhnen, einen Teil zurückzulegen und nicht alles auszugeben. Als gesetzliche Rente bekomme ich in der Regel weniger als das, was ich vorher verdient habe und muss mich im Alter einschränken. Dann werde ich meinen  Lebensstandard möglicherweise nicht halten können oder werde abhängig von anderen staatlichen Leistungen. Es gibt Menschen, die sich auf den Partner oder die Partnerin verlassen oder davon ausgehen, dass sie erben. Dadurch macht man sich abhängig von Entscheidungen anderer Menschen. Wie wichtig es mir ist, mir ein besseres Gefühl zu verschaffen, um so unabhängig wie möglich von anderen zu sein, ist eine Lebenseinstellung. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Meine Empfehlung ist, zusätzlich privat vorzusorgen.

ak[due]ll: Viele Studierende haben finanzielle Sorgen. Was können junge Menschen schon im Studium für ihre Altersvorsorge tun?

Heselmann: Wie bereits gesagt, gibt es bei Riester ein Fragezeichen, weil die Politik daran möglicherweise noch etwas ändern wird. Wenn wir davon ausgehen, dass es Riester noch eine Weile gibt, würde ich das erstmal empfehlen, da es hier einige Vorteile gibt. Die Förderung für Riester ist im Verhältnis zu den Beiträgen hoch. Der Staat gibt 175 Euro dazu, wenn ich den jeweiligen Mindestbeitrag einzahle. Dieser hängt davon ab, wie viel ich verdiene, mindestens sind es 60 Euro im Jahr. Je nachdem, wie viel ich einzahle, verändert sich das Verhältnis. Bei Arbeitnehmern sieht das etwas anders aus. 

Im Berufsleben sind die Voraussetzungen anders. Wenn man nur einen Minijob oder etwas Vergleichbares hat, kann man diese Förderung relativ einfach bekommen. Ein Riester-Fondssparplan hat höhere Renditechancen, als wenn ich das Geld so spare. Wenn man sich die Entwicklung am Wertpapiermarkt anschaut, lag die durchschnittliche Rendite in den letzten Jahrzehnten bei acht bis zehn Prozent. Langfristig gesehen ist die Chance relativ hoch, dass man damit eine vernünftige Rendite erwirtschaftet. Das Risiko wird durch lange Laufzeiten abgemildert und wenn ich das über Riester mache, habe ich die Besonderheit, dass der Anbieter garantieren muss, dass mir das Geld, was ich eingezahlt habe, auf jeden Fall zur Verfügung steht, inklusive der staatlichen Förderung. Kaufe ich Wertpapiere einzeln, kann ich mein ganzes Geld verlieren. Mit Riester ist ein kompletter Verlust ausgeschlossen. 

Ein Fondssparplan ist schon mit kleinen Beiträgen möglich. Staatliche Förderung gibt es, wenn ich mindestens fünf Euro im Monat einzahle. In letzter Zeit ist das schwieriger geworden, weil die Anbieter mit so einem kleinen Vertrag durch den hohen Verwaltungsaufwand nicht viel verdienen. Da muss man eventuell etwas mehr Geld investieren. Informieren kann man sich unter anderem bei Finanztest, der Schwester von Stiftung Warentest, da kann man Rankings abrufen. Das kostet ein paar Euro, aber es lohnt sich. Das ist keine Garantie für die Zukunft, aber man kann aus dem vergangenen Verhalten des Anbieters ableiten, ob dieser auch in Zukunft vernünftig mit dem Geld umgehen wird. Eine zweite seriöse Quelle sind die Verbraucherzentralen, da kann man eine kostenpflichtige Beratung buchen (eine Beratung bis zu 90 Minuten kostet 190 Euro; Beratung gibt es beispielsweise in Essen und Duisburg). Da kann man einen Termin machen und nach Empfehlungen fragen. Es wird aufgezeigt, welches Produkt oder welcher Anbieter geeignet sein könnte.

ak[due]ll: Ist es sinnvoll, die Altersvorsorge auf mehrere Verträge aufzuteilen?

Heselmann: Zu viele Einzelverträge würde ich nicht machen, jeder Vertragsabschluss kostet Geld. Wenn ich in zu viele Sachen investiere, muss ich das Geld durch Renditen erstmal rausholen. Wenn ich jetzt Anfang 20 bin und viel Zeit bis zur Rente habe und für mich entscheide, hier habe ich die höchste Renditechance, dann wüsste ich nicht, wieso ich zusätzlich einen Bausparvertrag machen sollte. Man sollte sich auf ein Produkt beschränken. Das kann man im Laufe seines Lebens ändern. Wie beim Fitnessstudio ist die Herausforderung nicht das Anfangen, sondern das Durchhalten. Viele fangen an und nach zehn, fünfzehn Jahren geht das Auto kaputt, dann wird der Sparplan aufgelöst und man hat ein neues Auto, aber keine Altersvorsorge mehr. 

Bevor ich mit der Altersvorsorge anfange, sollte ich meine Schulden abbezahlen, falls ich welche habe. Warum? Weil ich in der Regel nicht so viel erwirtschaften kann, wie ich auf der anderen Seite zahle und mir sonst der Kredit die Rendite auffrisst. Außerdem sollten existenzbedrohende Risiken abgesichert werden. Es kann immer etwas dazwischen kommen in den vierzig Jahren bis zur Rente. Ein Unfall, Krankheit oder Tod des Partners. Da ist es sinnvoll, eine entsprechende Versicherung abzuschließen, Unfallversicherung, Krankenversicherung, vielleicht eine Risikolebensversicherung, wenn ich Hauptverdiener in der Familie bin. Das muss man immer individuell entscheiden, sinnvoll ist eine Beratung.

ak[due]ll: Die deutsche Rentenversicherung bietet kostenlose Beratungen an. Wie laufen diese ab?

Heselmann: Es gibt verschiedene Möglichkeiten: persönlich, telefonisch oder per Video-Call. In der Regel macht man telefonisch oder über das Internet einen Termin aus. Dann schaut man sich mit dem Berater an, was ich schon an Altersvorsorge gemacht habe, was da im Alter herauskommt, ob es Prognosen gibt. Was ist von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwarten, habe ich eine Lebensversicherung durch die Eltern? Man rechnet durch, was unterm Strich übrig bleibt. Steuern, Kranken- und Pflegeversicherung, Inflation und weitere Faktoren müssen eingerechnet werden. Dann hat man einen realistischen Ausblick, wie viel Geld man zur Verfügung hätte. Man ermittelt die sogenannte Versorgungslücke: Wie bekomme ich den Betrag von X zusammen, den ich bräuchte, um gut leben zu können? Man kann zusammen überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, was kann ich sinnvollerweise abschließen? Das sind die Intensivgespräche für Altersvorsorge. Bei Interesse sollte man explizit danach fragen. In der Regel bekommt man das ganze nochmal schriftlich ausgehändigt, dann hat man für sich eine schöne Transparenz. Je früher die Leute sich beraten lassen, desto besser. Immer wieder kommen Leute Mitte/Ende 50, dann ist es zu spät. Sinnvolle Altersvorsorge braucht mehrere Jahrzehnte, alles andere ist Glücksspiel.


Beitrag veröffentlicht

in

,

von