Cannabis-Legalisierung: Welche Städte im Ruhrgebiet Modellregionen werden möchten

Autorin: Lara Wantia | Wenn die Bundesregierung ihr Eckpunktepapier umsetzt, darf jede:r straffrei 25 Gramm Cannabis besitzen. [Foto: Lara Wantia]

Cannabis in Fachgeschäften verkaufen und legal kiffen? Das wünschen sich einige Städte in Deutschland. Möglicherweise können sie das bald als Modellregion umsetzen. Welche Städte im Ruhrgebiet Modellregion werden möchten und warum das vielleicht scheitern könnte.

Im April dieses Jahres haben Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir in einem Eckpunktepapier ihre Pläne vorgestellt, wie die Ampel-Koalition Cannabis legalisieren möchte. Ein Teil dieses Konzepts sind Modellregionen. Dort sollen Unternehmen Cannabis herstellen, vertreiben und in Fachgeschäften verkaufen dürfen. Jetzt möchten einige Städte im Ruhrgebiet Modellregion werden. Die wichtigsten Informationen dazu gibt es hier.

Wie sieht das Eckpunktepapier des Bundes aus?

Das Eckpunktepapier umfasst mehrere Schritte in der Legalisierung. Demnach darf jede:r 25 Gramm Cannabis besitzen und in der Öffentlichkeit straffrei bei sich tragen. Außerdem darf jede volljährige Person drei weibliche, blühende Pflanzen zum Eigenanbau besitzen. Cannabis-Clubs dürfen die Droge anbauen und an ihre Mitglieder abgeben. Hier gibt es eine Obergrenze von 500 Mitgliedern und ein Mindestalter von 18 Jahren. Jedes Mitglied darf pro Monat maximal 50 Gramm Cannabis bekommen, bei jungen Menschen unter 21 Jahren sind es maximal 30 Gramm. Ein weiterer Bestandteil des Gesetzesentwurfs sind die Modellregionen, in denen lizenzierte Fachgeschäfte Cannabis verkaufen dürfen. Das muss aber wissenschaftlich begleitet werden. Bis zum Herbst will die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zu diesem Modellprojekt erarbeiten.

Wie reagiert die Landesregierung in NRW?

Die Landesregierung ist laut Gesundheitsministerium dagegen, in NRW Modellregionen einzurichten. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann warnt in der Rheinischen Post vor gesundheitlichen Gefahren für Jugendliche und junge Erwachsene und Suchtrisiken für alle Konsument:innen, unabhängig vom Alter. Eine Sprecherin sagte der Zeitung, das Ministerium sei „gerade auch mit Blick auf die Gefahren Cannabis-bedingter Hirnschädigungen bei jungen Erwachsenen“ gegen die Modellregionen.

Welche rechtlichen Probleme gibt es bei der Legalisierung?

Es könnte sein, dass die Legalisierung an internationalem Recht scheitert. Denn in der Europäischen Union ist es verboten, Cannabis anzubauen, herzustellen und zu verkaufen. In einem Schengen-Abkommen haben die Mitgliedsländer außerdem festgelegt, dass der grenzüberschreitende Handel mit der Droge strafrechtlich verfolgt werden muss. Konkret müssen sich die Schengen-Staaten daran halten, „die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden“. In einigen EU-Ländern gelten diese Vorschriften in der Realität aber nicht mehr. In den Niederlanden zum Beispiel dürfen Coffeeshops kleine Mengen bis zu fünf Gramm Cannabis an Kund:innen verkaufen.

Wie argumentieren die Städte im Ruhrgebiet?

Mehrere Städte im Ruhrgebiet möchten jetzt Modellregion werden. Die Linke in Bochum, die SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke+, die FDP/Bürgerliste und Die Partei in Dortmund sowie Die Linke und Die Partei in Essen haben dafür jetzt jeweils Anträge bei der Stadt eingereicht.

Die Linke in Bochum weisen auf die begrenzte Zahl an Modellregionen in Deutschland hin und fordern, dass sich die Stadt schnell darum bewirbt. Fraktionsvorsitzender Horst Hohmeier begründet den Antrag seiner Partei so: „Die bisherige Cannabispolitik der Kriminalisierung hat Jugendliche nicht wirksam geschützt, Erwachsene drangsaliert und die Polizei mit Bagatelldelikten überlastet.“ Die Linke weisen darauf hin, dass eine Modellregion Ressourcen und Personal bei der Stadt beanspruchen würde. Deshalb fordern sie, dass sich die Stadt vorbereitet, Kapazitäten klärt und Jugendschutzmaßnahmen plant. „Die Bewerbung als Modellkommune bietet die große Chance, Prioritäten sinnvoll zu setzen und lieber in Prävention und Jugendschutz zu investieren, anstatt erwachsenen Kiffern das Leben schwer zu machen“, sagt Hohmeier.

In Essen begründen Die Linke und Die Partei ihren Antrag damit, dass Cannabis neben Alkohol und Tabak die Droge sei, die Menschen in allen Altersgruppen am meisten konsumieren. „Der Konsum von Cannabis ist seit Jahrzehnten eine gesellschaftliche Realität“, schreibt Die Partei zu dem Antrag. Wenn jede:r eine geringe Menge Cannabis straffrei bei sich tragen darf, entkriminalisiere das die Konsument:innen und entlaste die Polizei und die Justiz. „Die ideologisch bedingte Verbotspolitik ist seit langem krachend gescheitert“, argumentiert Die Partei. Der bisherige politische Ansatz habe Menschen nicht davon abgehalten, Cannabis zu konsumieren.

Außerdem ist es den Parteien in Essen wichtig, gesundheitliche Risiken für Konsument:innen zu verringern. Sie wollen den Modellversuch nutzen, um die Menschen besser aufzuklären und Präventions- und Hilfsangebote anzupassen. „Wir wollen den Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften anstatt das gestreckte und gefährliche Zeug vom Schwarzmarkt“, fordert Die Partei. „Aber wir wissen auch: Haschisch ist Haschgift.“ Deshalb sei es wichtig, präventive Maßnahmen vorzubereiten und das Modellprojekt wissenschaftlich zu begleiten.

In Dortmund spricht sich die Mehrheit des Rates dafür aus, Modellregion zu werden. Die SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke+, die FDP/Bürgerliste und Die Partei haben dazu gemeinsam einen Antrag eingereicht. Dabei argumentieren sie wie die Essener Parteien damit, dass eine „ideologisch motivierte Verbotspolitik“ zu gesundheitlichen und gesellschaftlichen Problemen führe. Zudem hindere sie die Menschen nicht daran, die Droge zu konsumieren. „Der jetzige unkontrollierte Verkauf sorgt im Gegenteil dafür, dass Cannabis häufig mit Amphetaminen und anderen gefährlichen Stoffen gestreckt ist und dadurch in seiner Wirkung unberechenbar wird“, begründen die Parteien ihre Forderung. „Dortmund ist als Oberzentrum, in dem sich viele Menschen aktuell illegal auch mit Cannabis versorgen, prädestiniert für die Teilnahme am Modellprojekt.“


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