Camp*ssy
Wir sind uns alle bewusst, dass sich das Leben als Studi nur bei ganz wenigen vollends ums Studium dreht. Dazu kommen noch Familie, (Neben-)Job und ganz besonders Dating! Immerhin sind die Zwanziger dazu da, sich selbst und andere zu entdecken. Auf diese Entdeckungsreise nimmt euch unsere Camp*ssy-Kolumne aus verschiedenen Perspektiven mit. Ob Sex, kein Sex, Beziehung, Situationship oder “Keine Ahnung was wir sind!”, unsere anonymen Gastautor:innen berichten von ihren intimsten Erfahrungen.
Kolumne: anonym
Mein Freundeskreis hätte vor ein paar Monaten wahrscheinlich über die Idee gelacht, dass gerade ich jetzt hier den ersten Artikel einer Kolumne über Sex und Dating schreibe. „Ha ha du hast doch eh keinen Sex“ (ja, daran hat sich nicht viel geändert…). Trotzdem, hier bin ich, Incocknito98, weiblich, 26, heterosexuell, und schreibe euch.
Das Jahr fängt für mich mit einer super harten Trennung an, von der mich meine Freund:innen wortwörtlich vom Boden aufkratzen durften und ich die nächsten acht oder neun Monate Männern, Dating und allem, was dazu gehört, abschwöre. Als ich mich dann wieder halbwegs gefangen hatte und erneut in die wunderbare Datingwelt einsteigen wollte, stellte ich (zu niemandes Überraschung) fest, dass Dating auch 2024 noch absolut räudig ist. Vielleicht liegt es daran, dass ich aus einer festen Beziehung ins kalte Wasser springe oder mit Dating-Apps absolut nicht klarkomme und Bumble, Hinge und OkCupid einfach nie meine Welt sein werden. Für viele ist es (hoffentlich) ähnlich, dass Dating-Apps Anstrengung bedeuten und es irgendwie schwierig ist, aus ein paar Fotos und Zeilen irgendeine Art Anziehung zu erzeugen. Es könnte auch die Romantikerin in mir sein, die denkt, nicht auf Apps angewiesen sein zu müssen.
Ich habe, wie gesagt, ein hohes Mitteilungsbedürfnis und bin auch nicht auf den Mund gefallen. Ich date jetzt einfach ganz altmodisch, offline, im Real-Life. Ich gebe Männern (manchmal auch eher Männchen) auf Partys auf Anfrage meine Nummer, spreche auch mal Leute an, die ich nett finde und sage, wenn der Vibe stimmt, auch zum alkoholisierten Rumknutschen nicht nein. Wo ist jetzt der Punkt, wo daraus Dating wird, fragt ihr euch? Ich mich auch! Denn scheinbar sind vom Artensterben auch kommunikationsfähige Männer betroffen. Und wahrscheinlich ist es bei Frauen auch oft nicht besser, aber da muss hier ein anderer armer Trottel seine Erfahrungen preisgeben (bitte melde dich!). Anyways; ersten Dates folgen keine zweiten oder nur wenig konkretes Geschreibsel, bei dem doch wieder ich die bin, die nach Klartext fragen muss. Auch das scheint einige schon abzustoßen. Was folgt ist betrunkener Sex oder auch zu-betrunken-und-deswegen-kein-Sex, auf denwiederum keine weitere Kommunikation folgt.
Ungef*ckt und abgef*ckt
Mache ich was falsch? Will ich zu viel? Erwarte ich zu wenig? Bin ich zu direkt, zu sehr ich selbst? Oder habe ich mittlerweile Mechanismen aufgebaut, Menschen auf Distanz zu halten, und bin dadurch irgendwie gar nicht mehr so ganz ich selbst? Bevor ich zu sehr in die Psychoanalyse meines Selbst gehe, folgt hier mein Fazit. Ja und nein und eigentlich ist alles nicht so deep, wie es scheint. Auch wenn Dating anstrengend ist und weh tun kann und oft frustriert: von nichts kommt nichts oder wer nicht wagt, der nicht gewinnt – sucht euch einen motivierenden Kalenderspruch aus. Also sprecht Leute an und riskiert den Cringe der mit einer Abfuhr einhergeht geht auf erste Dates und fragt nach einem zweiten, mit der Gefahr als zu direkt oder nicht cool genug wahrgenommen zu werden, textet ein zweites und drittes Mal, sagt Leuten, dass ihr sie gut findet oder halt nicht, aber redet und macht bitte irgendwas.
Und ja, wir wollen alle irgendwie nur gemocht werden und manchmal auch von Leuten, die wir selbst gar nicht so wirklich mögen, aber wem mit Mitte 20 Coolness wichtiger ist als Kommunikation, ist es dann vielleicht doch nicht wert. Leute, lasst uns den Druck aus Dating rausnehmen und auch mal über uns selbst lachen, mit unseren Freund:innen über unsere Dates kichern und von mir aus auch über mich und diese Kolumne. Bestenfalls lernt man so jemanden kennen, lernt etwas über sich selbst oder Andere und im schlimmsten Fall wird es eine hoffentlich witzige und irgendwo relatable Story für die Leser:innen der ak[due]ll.