Artikel: Anna Olivia Böke | Die riesige Bunkeranlage unter Dortmund ist nicht frei zugänglich. [Foto: Anna Olivia Böke]
Tief unter den Straßen von Dortmund verbirgt sich ein außergewöhnliches Bauwerk aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs: die Großstollenanlage. Diese unterirdischen Gänge, einst als Schutzraum für zehntausende Menschen gedacht, erzählen von einer dunklen Epoche der Stadtgeschichte. Heute ist die Anlage ein verborgener Schatz und ein Mahnmal, das auf die Schrecken des Krieges aufmerksam macht.
Die Großstollenanlage Dortmund, die sich rund 20 Meter unter der Erdoberfläche erstreckt, war die größte zivile Luftschutzanlage Deutschlands. Zwischen 1941 und 1945 ließ das NS-Regime die Stollen von Zwangsarbeiter:innen und Häftlingen aus Konzentrationslagern errichten. Geplant war, der Bevölkerung Schutz vor den verheerenden Luftangriffen der Alliierten zu bieten, die Dortmund als wichtigen Industriestandort ins Visier genommen hatten.
Mit einer Länge von insgesamt 4,8 Kilometern bot die Anlage Platz für etwa 40.000 Menschen und erstreckte sich vom Dortmunder Hauptbahnhof bis in die Nähe des Westparks. Ursprünglich war sogar eine Erweiterung auf neun Kilometer vorgesehen. Aufgrund des Kriegsendes wurden jedoch viele geplante Abschnitte nicht mehr fertiggestellt und später teilweise verfüllt.
Die Errichtung der Stollen war eine direkte Reaktion auf die zunehmende Zerstörung durch Bombenangriffe. Besonders der Angriff am 12. März 1945 hinterließ tiefe Spuren: Fast der gesamte Stadtkern wurde zerstört und etwa 15.000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Diese Ereignisse verdeutlichen, wie dringend die Dortmunder Bevölkerung auf Schutz angewiesen war und unterstreichen die Bedeutung der Anlage in dieser Zeit.
Die technische Umsetzung des Projekts war eine enorme Herausforderung. In kürzester Zeit mussten unterirdische Schutzräume geschaffen werden, die einem großen Teil der Stadtbevölkerung Sicherheit bieten konnten. Die Bedingungen für die Zwangsarbeiter:innen und Häftlinge, die beim Bau eingesetzt wurden, waren jedoch katastrophal. Viele verloren dabei ihr Leben, was die menschenverachtenden Praktiken des NS-Regimes zeigt.
Nachkriegszeit und Vergessenheit
Nach dem Krieg geriet die Großstollenanlage in Vergessenheit. Viele Teile wurden unzugänglich gemacht oder zugeschüttet. Dennoch blieben einige Abschnitte erhalten, die heute als stille Zeugen der Vergangenheit unter der Stadt schlummern. Erst in den letzten Jahren wuchs das Interesse an der Geschichte dieser unterirdischen Schutzräume.
Lokale Vereine und Initiativen haben sich der Aufgabe verschrieben, die Relikte zu erforschen und die Geschichte dieser Anlagen zu dokumentieren. Eine der wichtigsten Informationsquellen für Interessierte ist die Plattform „Bunker Dortmund“, die sich umfassend mit der Geschichte der Bunker und Stollen in der Stadt beschäftigt.
Ein Mahnmal für die Nachwelt
Obwohl die Großstollenanlage für die Öffentlichkeit in der Regel nicht zugänglich ist, bleibt sie ein wichtiges Symbol für die Schrecken des Krieges. Der schlechte bauliche Zustand und die Gefahr von Einstürzen machen Besichtigungen in den meisten Bereichen unmöglich. Dennoch hat die Anlage einen festen Platz in der Erinnerungskultur Dortmunds. Sie erinnert an die zerstörerische Kraft des Krieges und die Schicksale der Menschen, die hier Schutz suchten oder gezwungen wurden, diese Schutzräume zu schaffen.
Die Beschäftigung mit der Geschichte der Stollenanlage bietet nicht nur Historiker:innen, sondern auch der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit, die Auswirkungen des Krieges auf das Leben der Menschen zu reflektieren. Führungen und Bildungsangebote, die von engagierten Initiativen organisiert werden, tragen dazu bei, dieses Wissen weiterzugeben und ein Bewusstsein für den Wert von Frieden zu schaffen, sind aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugänglich. Es gibt jedoch zahlreiche Youtube-Videos, die die Weiten der Dortmunder Unterwelt erkunden.
Die Großstollenanlage Dortmund ist ein beeindruckendes Zeugnis der Geschichte. Sie steht für die technische Meisterleistung ihrer Zeit, erinnert aber auch an das Leid derer, die unter unmenschlichen Bedingungen daran arbeiten mussten. Als größte zivile Luftschutzanlage Deutschlands ist sie ein Mahnmal, das die Schrecken des Krieges und die Notwendigkeit des Schutzes der Zivilbevölkerung in den Vordergrund stellt.