TikTok is up for grabs: Was ihr über den drohenden TikTok-Verkauf wissen müsst

Artikel: Volker Strauß| Die chinesische App TikTok steht schon seit Jahren in der Kritik.

Anderthalb Stunden. So viel Zeit verbringt ein:e Nutzer:in durchschnittlich täglich auf TikTok. Das könnte sich bald ändern und Nutzer:innen müssten eine neue Plattform zum Doom-Scrollen und Alt-Right-Wormholes suchen. Hier ist alles, was ihr zum potenziellen TikTok-Ban wissen müsst.

TikTok musste in vergangener Zeit schon so einiges wegstecken: Seit Juni 2020 ist TikTok in Indien, dem bevölkerungsreichsten Land der Erde verboten. Ende Januar gab das Musiklabel Universal Music Group bekannt, keine Songs mehr für TikTok zu lizenzieren, was die Stummschaltung von Millionen von TikTok-Videos zur Folge hatte. Und seit Februar ermittelt die EU-Kommission wegen mangelhaftem Jugendschutz gegen die Plattform.

Und nun könnten die USA, die sich ja eigentlich als Verfechter der Meinungsfreiheit profilieren, die Plattform zu Fall bringen. Seit dem 24. April ist es amtlich: Das chinesische Tech-Unternehmen ByteDance muss innerhalb von 270 Tagen, das sind circa neun Monate, TikTok an ein amerikanisches Unternehmen verkaufen. Diese Idee ist nicht neu (2021 gab es schon mal Gerüchte über einen möglichen Verkauf von TikTok an den US-Konzern Oracle) und auch nicht sonderlich erfolgversprechend. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ByteDance einem Verkauf zustimmen würde. 

Das würde auch bedeuten, dass ein anderes Unternehmen Zugriff auf den gut-gehüteten TikTok-Algorithmus bekäme. Ein sogenannter „Kuratierungsalgorithmus” entscheidet, welche:r Nutzer:in welcher Post gezeigt wird. Dieser Algorithmus ist das Herzstück der ganzen App und wird so gut gehütet, wie die Coca Cola-Rezeptur (auch wenn TikTok letztes Jahr einigen amerikanischen Journalist:innen im Zuge einer Transparenz-Kampagne mal einige Zeilen Code gezeigt hat). Experten zufolge stehen die Chancen auch nicht schlecht, dass eine Klage seitens ByteDance gegen den Verkauf von TikTok erfolgreich sein könnte. Das First Amendment der US-Verfassung (das mit Freedom of Speech und so) wird als größte Hürde gesehen. Um die Chancen eines möglichen TikTok-Verbots einschätzen zu können, muss man sich zunächst die Gründe für ein solches Verbot anschauen.

Warum soll TikTok überhaupt verboten werden?

Zunächst das Offensichtliche: Das Unternehmen ByteDance, zu dem TikTok gehört, stammt aus China. Wie das in China üblich ist, hat der chinesische Staat großen Einfluss auf das Unternehmen und damit auf die App als solche.

Darüber hinaus steht TikTok schon länger in der Kritik. Neben mangelndem Jugendschutz, der auch bei amerikanischen Social-Media-Plattformen kritisiert wird, geht es vor allem um chinesische Propaganda und Einflussnahme sowie um Datenschutzverstöße. So soll Byte Dance Nutzerdaten von amerikanischen Journalist:innen genutzt haben, um einen Whistleblower innerhalb des Unternehmens zu finden. Hierbei stammten zwei der beteiligten Mitarbeiter:innen aus China. Darüber hinaus vermuten amerikanische Politiker, TikTok würde Pro-Hamas Posts auf der Plattform gezielt unterstützen.

Wird TikTok in Amerika verboten, geschieht das durch eine Löschung der App aus App Stores in Amerika sowie eine Sperrung von Netzwerkverbindungen der App, damit auf diese nicht mehr zugegriffen werden kann. Zwar generiert TikTok in Amerika ein Viertel des Umsatzes, rund 17 Prozent, der Nutzer:innen kommen aus den USA. Von einem Verbot würden vor allem US-amerikanische Social Media Unternehmen wie Meta (hier v.a. Facebook) profitieren. Doch auch die chinesische Regierung wäre sicherlich nicht erfreut über ein Verbot und könnte die Geschäfte von unbeteiligten US-Unternehmen einschränken (Apps wie Instagram sind in China ja sowieso verboten).

Gegner:innen des Verbots befürchten, ein Verbot von TikTok in den USA könnte einen Präzedenzfall schaffen, welcher der US-Regierung erlaubt, unliebsame Plattformen unter Druck zu setzen und gegebenenfalls zu verbieten. 

Was bedeutet das für uns in Deutschland und in Europa?

TikTok würde in der EU immer noch zur Verfügung stehen, die Plattform würde sich aber dennoch deutlich ändern. Das Fehlen von Posts aus Amerika sowie die Sperrung amerikanischer Accounts würde sich auch in der EU bemerkbar machen.
Egal, ob die mögliche Sperrung oder der Verkauf von TikTok Erfolg hat oder nicht. Eins ist vor allem mit Blick auf die nahende US- sowie Bundestagswahl sicher: Westliche Staaten müssen jetzt entscheiden, wie sie mit chinesischer Einflussnahme umgehen wollen. Denn soziale Netzwerke bieten ein starkes Tool zur Beeinflussung des gesellschaftlichen Diskurses.


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