Sonderausstellung „Nam June Paik: I Expose the Music” im Dortmunder U

Artikel: Anna Olivia Böke | Die Sonderausstellung ist noch bis zum 27. August im Dortmunder U zu sehen. [Foto: Anna Olivia Böke]

Die Ausstellung zu dem 2006 verstorbenen koreanisch-amerikanischen Videokünstler Nam June Paik ist kurios, interaktiv und laut. Bis zum 27. August ist sie im Dortmunder U zu sehen. Was euch dort erwartet, erfahrt ihr in unserem Überblick.

Im Flur vor dem Eingang wird man von einem Schwall aus klassischer Musik, Gesprächen und Krach umringt. Ein Vorgeschmack auf die Ausstellung, die die wegweisende Rolle des Künstlers im Spannungsfeld von Kunst, Performance und Musik präsentiert. Besonders im Fokus stehen dabei Live-Momente, Interaktivität und künstlerische Kollaborationen.

Die unkonventionelle Weise des Künstlers, an Musik heranzugehen, imponiert bereits im ersten Raum. Von kuriosen Partituren über tollkühne Skulpturen, bis hin zu wirren Geräuschkulissen – die Ausstellung regt dazu an, zu hinterfragen. Aus den Infotafeln geht besonders hervor, dass es das Ziel des Künstlers war, gegen die Rituale der klassischen Musik zu arbeiten. 

Das partizipatorische Element seiner Werke wird auch in Form von Bildern interaktiver Ausstellungen dargestellt, die Nam June Paik veranstaltete. Hier wurde die Besucher:innenschaft zum Mitmachen angeregt und dadurch zum Teil des Werks. Auch die Ausstellung im U sorgt für das Mitmach-Element. Es finden sich überall verteilt Schilder mit dem Titel „AKTION” und einer Anregung, wie die Werke genutzt werden können. So kann zum Beispiel bei einer Videoinstallation ein individueller Soundtrack gewählt werden. Besucher:innen können sich selbst einen Beatles Song aussuchen, der über Kopfhörer abgespielt wird. Die Diskographie wurde allerdings sehr gekürzt. So musste ich mich mit Rocky Raccoon zufriedengeben. 

Der weltweit berühmteste schlechte Pianist

Obwohl Paik den meisten als Begründer der Videokunst bekannt ist, war er tatsächlich ein ausgebildeter Komponist und Pianist oder, wie er sich selbst gerne bezeichnete, „der weltweit berühmteste schlechte Pianist“. In einem der Räume läuft ein Video, in dem der Künstler gezeigt wird, wie er immer wieder ein Klavier umstößt. Das dürfte seiner Selbstbetitelung alle Ehre machen. Die Musik bildete den Ausgangspunkt seiner künstlerischen Laufbahn und blieb auch später stets zentral für sein Schaffen, einschließlich seiner Videokunst. 

Die Ausstellung im Dortmunder U beleuchtet sämtliche Facetten des „Live“ in Paiks Werk als Pionier der Medienkunst. Sie präsentiert musikalische Aufführungen, Fernsehübertragungen, originale Partituren sowie Audio- und Videoarbeiten, Fotografien und Installationen. In einer Zeit, in der jede:r über Instagram oder TikTok „live gehen“ kann, belegen Paiks zum Teil 50 Jahre alte Werke umso mehr seine bahnbrechenden Leistungen im Bereich der Live-Performance. Sie wiesen bereits damals Entwicklungen der zeitgenössischen Kunst, der Medienwelt und des Alltags vor.

Der Künstler entwarf zudem zahlreiche interaktive Arbeiten, die erst in Ausstellungen aktiviert wurden. Ein Schlüsselwerk von Paik aus der Sammlung des Museum Ostwall ist beispielsweise das Schallplatten-Schaschlik (1963/1980). In den Werken Random Access (1963/2000) oder Participation TV (1969/1982) können Besucher:innen sogar selbst Klang- oder TV-Bilder erzeugen.
Als Höhepunkt der Ausstellung findet die Deutschlandpremiere der Sistine Chapel (Sixtinische Kapelle, 1993/2019) statt. Diese beeindruckende Rauminstallation aus Bild und Klang ist ein kühner Remix der Pop- und Kulturgeschichte. Sie schließt die Ausstellung mit wundersamen Tönen und flimmernden Visuals ab, die die Sinne berauschen. Hier kann man sich einige Zeit berieseln und inspirieren lassen, bevor man wieder in die Außenwelt tritt. Der ermäßigte Eintritt für Studierende beträgt 5 Euro.


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