Saisonale Depression: Mehr als nur Winterblues?

Autorin: Jaqueline Brinkwirth I Mit den Temperaturen sinkt im Winter oft auch die Laune. [Symbolfoto: unsplash]

Die Temperaturen sinken und damit oft auch die Laune: Winterdepressionen oder saisonal bedingte depressive Verstimmungen treten häufig dann auf, wenn die Tage kürzer und dunkler werden. Doch wie kann man eine saisonale Depression von anderen depressiven Erkrankungen unterscheiden und was können Betroffene dagegen tun?

Trübes Wetter und eisige Temperaturen schlagen vielen Menschen auf die Stimmung. Wenn sich Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Trübsinn in der dunklen Jahreszeit ausgeprägter als sonst zeigen, spricht man im Alltag häufig von einer Winterdepression. Doch was unterscheidet eine Winterdepression von anderen depressiven Erkrankungen? „Eine Depression ist eine sogenannte affektive Störung und somit eine psychische Erkrankung. Sie  haben typischerweise einen fluktuierenden Verlauf. Man spricht von depressiven Episoden, die mindestens zwei Wochen bis hin zu mehreren Monaten andauern können“, erläutert Prof. Dr. Thomas Forkmann. Er ist Professor für klinische Psychologie an der Universität Duisburg-Essen (UDE) und leitet die Hochschulambulanz für psychische Gesundheit (HPG) in Essen. „Eine saisonale Depression zeichnet sich dadurch aus, dass sie typischerweise im Herbst auftritt und im Frühjahr zurückgeht. Sie wird in der International Classification of Diseases (ICD-10) zu den wiederkehrenden depressiven Störungen gezählt.“ 

Das können Symptome sein

Soweit also zur Definition. Jedoch ist es für Betroffene oft nicht leicht, zu unterscheiden, ob ihre Symptomatik auf eine saisonbedingte Depression hinweist oder Anzeichen für eine psychische Erkrankung ist. „Zu den „klassischen“ Symptomen einer Depression gehören kognitiv-emotionale und behaviorale Symptome wie Antriebsverlust, Interessen- und Freudeverlust, Schuldgefühle, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten. Aber auch körperliche Symptome wie Ein- und Durchschlafstörungen, Libido- und Appetitverlust können auftreten“, erklärt Forkmann. Eine Winterdepression zeige allerdings auch noch andere Symptome. „Neben dem charakteristischen Verlauf treten auch atypische Symptome wie Heißhunger statt Appetitverlust und vermehrter Schlaf statt Ein- und Durchschlafstörungen auf.“ 

Und was passiert im Körper, um gerade im Winter solche Symptome auszulösen? Forkmann sagt: „Es wird vermutet, dass saisonale Depression aufgrund eines gestörten Melatonin-Serotonin-Haushalts entsteht. Es ist zwar umstritten, ob Melatonin Depression auslöst. Es gilt aber als relativ sicher, dass es die Müdigkeit erhöht. Im Herbst und Winter führen also die längeren Dunkelphasen dazu, dass weniger Serotonin ausgeschüttet wird. Stattdessen wird aus Serotonin und Tryptophan vermehrt Melatonin synthetisiert – ein Prozess, der unter Lichteinfluss gehemmt wird.“

Das kann helfen

Was können Betroffene tun, wenn sie an sich selbst Symptome einer Winterdepression beobachten? „Bei leichteren Symptomen einer saisonalen Depression kann es helfen, sich viel an der frischen Luft aufzuhalten, besonders in der Sonne, sich bewusst mit viel Obst und frischem Gemüse zu ernähren, stimmungsfördernde Aktivitäten zu pflegen und mit lebendigen Farben zu umgeben“, führt Forkmann aus. Besonders Tageslicht könne etwaige Symptome lindern. „Die Anschaffung einer sogenannten Tageslichtvollspektrumlampe mit einer Intensität von 2.500 bis 5.000 Lux kann positive Effekte zeigen.“

Vorsicht sollte allerdings geboten sein, wenn die Symptome stärker sind und länger anhalten als der Winter. „Es ist zu bedenken, dass der Großteil der im Winter auftretenden Depressionen nicht ausschließlich saisonal bedingt ist. Generell gilt: bei stärkeren Symptomen einer Depression sollte die Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie erwogen werden. Bei schwereren Verläufen kann die zusätzliche Behandlung mit einem Antidepressivum sinnvoll sein“, schildert Forkmann. Umsicht und Sensibilität mit sich und anderen sollte beim Auftreten von Symptomen einer Depression also oberste Priorität haben.  

Bei Notfällen oder akuten Krisensituationen findet ihr hier Hilfe:
LVR-Klinikum Essen

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Virchowstraße 174
45147 Essen
Telefon: 0201/7227-0

Telefon-Seelsorge

+49 (0)800 111 0 111 (gebührenfrei)

+49 (0)800 111 0 222 (gebührenfrei)


Beitrag veröffentlicht

in

von