Mit „Pick me Girls” veröffentlicht Autorin Sophie Passmann ihr wohl persönlichstes Buch

Am 07. September hat Sophie Passmann ihr fünftes Buch Pick me Girls herausgebracht. [Foto: Volker Strauß]

Eine Buchrezension von Volker Strauß

Den Begriff „Pick-me-Girl“ haben wir alle schon einmal gehört. Er diffamiert Frauen, die sich nach männlicher Anerkennung sehnen. Frauen, die – wie Passmann es beschreibt – „vor allem mit Jungs befreundet [sind], weil andere Frauen so viel Drama [machen]“. Frauen also, die ganz bewusst als weiblich stereotypisierte Verhaltensweisen ablehnen, um eben dem männlichen Blick zu gefallen. Genau mit diesem Label setzt sich Passmann in ihrem neuen Roman „Pick me Girls“ auseinander. Denn sie, so die Autorin, sei selbst ein Pick-me-Girl gewesen. 

Pick me Girls gibt tiefe Einblicke in die Gedankenwelt der Autorin. Es geht um Skateboardfahren, Sushi-Essen und Ukulelespielen, aber auch um Essstörungen, toxische Beziehungen und Erwachsenwerden. Das Buch schwankt zwischen Passmanns eigenen Erfahrungen als junge Frau und klugen Gesellschaftsanalysen und wirkt sehr persönlich, vor allem aber anders als Passmanns vorherige Bücher. In der Einleitung beschreibt die Autorin ihr Buch als eines, das sie „mit 14 Jahren gebraucht hätte”.

Manchmal kann ich eine Serie nicht weiterschauen, weil mir die Misere, in die der:die Protagonist:in sich reinmanövriert, zu unangenehm ist oder ich zu sehr mitfühlen kann. Wenn Passmann von ihrer Kindheit und Jugend erzählt, stellt sich genau dieses Gefühl ein. Denn die meisten kennen die Geschichten, die Passmann erzählt, vom Nicht-wissen-wer-man-ist, vom Sich-in-ein-Gefüge-einordnen-müssen. Und je weiter ich lese und ich eintauche in das Erwachsenwerden von Passmann, desto mehr merke ich, dass es vielleicht ein Buch ist, was ich auch mit 14 Jahren hätte lesen sollen (aber wahrscheinlich nicht gemacht hätte). Die Erfahrungen, die sie beschreibt, sind nicht mit meinen eigenen Kindheits- und Jugenderinnerungen austauschbar, trotzdem zeigt Passmann ganz deutlich: Dass das eigene Erwachsenwerden ein Chaos von Gefühlen, Enttäuschungen und Angst ist, ist ganz normal und völlig okay. 

Dadurch, dass das Buch in erster Linie von Passmanns eigenen Erfahrungen handelt, richtet es sich vor allem an weiße cis-Personen und blendet intersektionale Perspektiven auf Feminismus aus, da Passmann von ihren eigenen Erlebnissen erzählt. Das tut sie auf eine sehr persönliche, ja fast distanzlose Art.

Leider fehlt dem Buch besonders zum Ende hin eine durchschaubare Struktur. So droht es am Ende zu einer Art thematischen Rundumschlag zu zerfleddern. Sorgt das zu Anfang noch für die totale Distanzlosigkeit, die ein solches Buch vielleicht braucht, schafft es zum Schluss eine komische Barriere zwischen dem:der Leser:in und dem Buch. Manchmal fragt man sich, ob Passmann das, was sie gerade schreibt, nicht vor 50 Seiten schon einmal gesagt hat, oder was genau die Message ist. Trotzdem ist das Buch an vielen Stellen berührend, bietet einen ehrlichen Eindruck in die Gedankenwelt der Autorin und fühlt sich sehr persönlich an.
Das Buch ist keine leichte Kost, kein easy– oder feel-good-read, denn es werden unter anderem auch gestörtes Essverhalten und sexueller Missbrauch thematisiert. Trotzdem wird es nicht anstrengend und man kann es gut an einem Stück lesen. Man könnte es als autobiografische Coming-of-Age-Geschichte beschreiben. Klare Leseempfehlung, auch wenn der Preis mit 22,00 Euro für rund 220 Seiten doch auf der teureren Seite liegt.


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