Invictus Games und Prinz Harry in Düsseldorf: „Die Spiele berühren und erwärmen Herzen”

Artikel und Fotos: Julika Ude

Kampfgeist, Menschlichkeit und Heeey Macarena: Die Invictus Games 2023, paralympische Spiele für verwundete Soldat:innen, fanden in der vergangenen Woche in Düsseldorf statt. Sie inspirierten Menschen aus der ganzen Welt.

„Die diesjährigen Spiele sind ein ‚Home for Respect‘”, eröffnete Prinz Harry am vergangenen Freitag die Invictus Games 2023 in Düsseldorf. Die Teilnehmer:innen, Kriegsversehrte, sollen bei den Spielen einen Ort wie ein Zuhause finden, an dem ihnen mit Respekt begegnet wird. „Bei diesen Spielen geht es nicht nur um Medaillen oder Ziellinien – es geht um das Überwinden von sämtlichen Wahrnehmungen, die dich zurückgehalten haben, besonders die, die du dir selber auferlegt hast”, fährt der Prinz fort. 

Während man in Düsseldorf kaum eine Straße ohne Veranstaltungsplakat passierte, bekam man in Essen und Duisburg wenig von der Großveranstaltung mit. Die Invictus Games, auf deutsch „Spiele der Unbesiegten”, sind paralympische Spiele, an denen im Einsatz verwundete und traumatisierte Soldat:innen aus der ganzen Welt teilnehmen. Prinz Harry hat sie 2014 in London ins Leben gerufen. Dieses Jahr fanden sie vom 08. bis zum 16. September in der Merkur Spiel-Arena in Düsseldorf und damit zum ersten Mal in Deutschland statt. Prinz Harry und Meghan, Herzog und Herzogin von Sussex, waren vor Ort, um die Spiele zu begleiten. 

Zu Beginn der Spiele begrüßte der Herzog mit seiner Eröffnungsrede nicht nur alle Teilnehmer:innen, ihre Familien und das Publikum; er läutete auch eine emotionale, fast  magische Atmosphäre für die folgenden Wettkämpfe ein: „Ob Teilnehmer oder Zuschauer, ihr werdet alle so viel von diesen Spielen mitnehmen. Sie werden euch berühren und eure Herzen erwärmen. Lasst sie die Grenzenlosigkeit in euch hervorbringen.”

Sportlicher Ehrgeiz und Spaß in den Pausen

Das diesjährige Motto der Spiele lautete „A Home for Respect”. Und genau danach hat es sich beim Betreten der Arena auch angefühlt: Nach einem Ort des Gedenkens daran, was Soldat:innen im Einsatz leisten und erleiden, einem Ort des „Human Spirit” und des menschlichen Zusammenhalts. Gleichzeitig erfüllte der sportliche Ehrgeiz der Teilnehmenden die Arena. Beides zusammen machte die Atmosphäre unvergesslich: In unterschiedlichen Sprachen feuerten Fans, Familien und Freund:innen ihre:n Herzenssportler:in an. Sportliche Höchstleistungen wurden erbracht und Siegestränen wurden verdrückt, dabei kam Spaß in den Pausen nicht zu kurz. Während einige Sportler:innen beim Bogenschießen ihre Pfeile wiederholten, animierten andere das Publikum Macarena zu tanzen und stimmten den euphorisierenden Hitsong Sweet Caroline an

Neben Bogenschießen und gute Laune verbreiten, maßen sich die Sportler:innen, die gemäß ihrer Beeinträchtigungen in Kategorien eingeteilt wurden, in den Disziplinen Leichtathletik, Indoor Rudern, Bankdrücken, Sitzvolleyball, Schwimmen, Radfahren, Rollstuhl-Basketball und -Rugby sowie erstmals auch im Tischtennis.

Das Deutsche Team bestand in diesem Jahr aus insgesamt 37 Personen, 30 Männern und sieben Frauen. Alle von ihnen sind Teil der Sporttherapie an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf, deren Ziel eine Rückkehr in den Dienst und in einen selbstbestimmten Alltag ist. Deshalb geht es den Wettkämpferinnen und Wettkämpfern in erster Linie auch nicht um sportliche Bestleistungen und Medaillen, sondern um das Ereignis an sich”, schreibt die Veranstaltungswebsite über das Deutsche Team. Für sie sei die Teilnahme an den Spielen ein weiterer großer Schritt auf ihrem individuellen Weg der Rehabilitation. Deshalb traten die deutschen Wettkämpfer:innen nur bis auf Bankdrücken und Rollstuhlrugby in allen Sportdisziplinen an. Denn diese beiden Sportarten seien aus therapeutischer Sicht der Gesundheit der Sportler:innen nicht förderlich.

Harry wollte Antworten darauf finden, wie Soldatinnen und Soldaten nach schwersten Verletzungen und seelischen Traumata zurück ins Leben finden.”

Die Idee zur Gründung der Spiele wurzelt in der Erfahrung des Herzogs von Sussex selbst und in der Überlegung der Rehabilitation verwundeter Soldat:innen. Prinz Harry selbst diente der britischen Armee von 2005 bis 2015 und war zweimal in Afghanistan als Luftwaffenoffizier im Einsatz. Die Website der Invictus Games 2023 schreibt, der Rückflug seines ersten Einsatzes sei ein prägendes Ereignis für den Prinzen gewesen. Als er und seine unversehrten Kamerad:innen mit drei Schwerverletzten zurückflogen, sei ihm klar geworden, dass das Leben dieser Menschen nie wieder das gleiche sein würde. „Die Bilder und Gedanken ließen Harry nicht los. Er wollte Antworten darauf finden, wie Soldatinnen und Soldaten nach schwersten Verletzungen und seelischen Traumata zurück ins Leben finden.”

Nachdem er 2012 auf eine Gruppe traf, die zuvor an den Warrior Games, einem Wettkampf für versehrte Militärangehörige, teilgenommen hatte und sie ihm freudig von ihren Wettkampferlebnissen erzählte, soll Harry erkannt haben, welche Rolle Sport bei der Genesung von Kriegsversehrten spielen kann: „Sport ist sicherlich der beste Weg, um die Genesung zu unterstützen.“ Er erfülle die Kriterien, die man laut Harry am aktiven Dienst so sehr vermisst: „Die Prämisse ist einfach: Setz dir ein Ziel, schalte alle negativen Gedanken aus, konzentriere dich auf die aktuelle Herausforderung und lerne, hierfür deinen Körper optimal einzusetzen.“ Der Herzog reiste später selber zu den Warrior Games und empfand sie als unglaublich inspirierend – aber auch als zu klein für die gesellschaftliche Wichtigkeit, die er ihnen zuschreibt. So entschied er sich, selbst eine Großveranstaltung zu organisieren, um dem Kampfgeist von Kriegsversehrten eine Plattform zu geben und „Respekt für alle Menschen zu schaffen, die Ihren Einsatz für unsere Freiheit mit Ihrer Gesundheit bezahlt haben.“ So waren die Invictus Games 2014 in London geboren. Seitdem finden die Spiele jährlich in einem anderen Land statt. Im kommenden Jahr feiert die Veranstaltung ihr zehnjähriges Jubiläum und wird in Vancouver, Kanada ausgetragen.

Eindrücke von den Invictus Games 2023 bekommt ihr in unserer Fotostrecke.


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