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Interaktive Ausstellung im Dortmunder U: Tell these people who I am

Artikel: Anna Olivia Böke | Bis zum 23. März 2025 ist die Sonderausstellung noch zu sehen. [Foto: Anna Olivia Böke]

Am 25. Oktober eröffnete die neue Sonderausstellung im Museum Ostwall. Tell these people who I am – Künstlerinnen in Expressionismus und Fluxus ist eine Erkundung weiblicher Schaffenskraft und ein starkes Statement zur Bedeutung von Frauen in der Kunstgeschichte, deren Werke oft übersehen oder an den Rand gedrängt wurden. 

Von der Expressionismusbewegung des frühen 20. Jahrhunderts bis hin zur Fluxus-Bewegung und zu zeitgenössischen, interaktiven Kunstformen wird hier ein breites Spektrum an Kunststilen und -formen präsentiert – und das durchgehend von Künstlerinnen. Der Expressionismus, der in den frühen 1900er-Jahren aufkam, war eine Reaktion auf die industrialisierte, oft als kalt und entfremdend empfundene Moderne. Expressionistische Künstler:innen strebten danach, innere Empfindungen und existenzielle Konflikte mit intensiven Farben, starken Kontrasten und oft verzerrten Formen darzustellen. Es ging weniger um eine realistische Abbildung der Welt, sondern um das Ausdrücken eines subjektiven, emotionalen Erlebens.

In den 1960er-Jahren bildete sich die Fluxus-Bewegung, die radikale, interdisziplinäre Kunstansätze verfolgte und als eine Art Anti-Kunst-Bewegung angesehen wurde. Fluxus-Künstlerinnen brachten Kunst und Alltag näher zusammen, schufen oft humorvolle, ironische und gesellschaftskritische Werke und stellten die Bedeutung von Kunst als elitäres Konstrukt infrage. Die Verwendung von Alltagsgegenständen und die Integration von Zuschauer:innen spielten dabei eine große Rolle.

Der feministische Fokus der Ausstellung

Die Ausstellung setzt bewusst einen feministischen Schwerpunkt, indem sie ausschließlich Werke von Künstlerinnen zeigt und auf die Geschichte und Herausforderungen eingeht, denen Frauen in der Kunstwelt oft ausgesetzt sind. Durch die Auswahl der Werke wird der Blick gezielt darauf gelenkt, wie Frauen ihre Positionen innerhalb dominanter Kunstströmungen und darüber hinaus entwickelt haben. Das Zitat „Fluxus can be lots of fun, when the boys let you on their boat.” von Carolee Schneemann schmückt die erste Infotafel im Fluxus-Bereich der Ausstellung. Es ist eine Anspielung auf die oft marginalisierte Rolle von Frauen in der Fluxus-Bewegung und in der Kunstwelt allgemein.

Der Ausdruck weiblicher Perspektiven, die Thematisierung von Geschlechterrollen und oft auch die Kritik an patriarchalen Strukturen zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Es ist berührend zu sehen, wie viele der Künstlerinnen die Herausforderungen, denen sie in ihrem Leben und Werk gegenüberstanden, in ihrer Kunst thematisierten und damit neue Ausdrucksformen und Narrative geschaffen haben.

Teil des Kunstwerks werden

Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist die interaktive Komponente, die es den Besucher:innen ermöglicht, Teil des kreativen Prozesses zu werden. Besonders beeindruckend war der Bereich mit der Stop-Motion-Animation der Künstlerin Lotte Reiniger. Hier hatte man die Möglichkeit, selbst kleine Figuren zu arrangieren und Schritt für Schritt eine kurze, eigene Stop-Motion-Sequenz zu erstellen. Es war erstaunlich, wie viel Freude und kreative Freiheit dieser Prozess mit sich brachte. Es gab eine große Auswahl an Figuren, sodass man seiner Fantasie freien Lauf lassen konnte. Lotte Reinigers Werke reflektieren dabei oft das Thema Identität und Geschlechterrollen auf subtile Weise, sodass es faszinierend war, selbst kreativ in ihrer künstlerischen Sprache tätig zu werden.

Ein weiterer interaktiver Bereich widmete sich der Fluxus-Bewegung. Hier gab es die Möglichkeit, ein „musikalisches“ Werk zu schaffen, indem man verschiedene Alltagsgegenstände nutzte, um Klänge und Geräusche aufzunehmen. Von Töpfen und Holzlöffeln bis zu kleinen Glöckchen und Metallgegenständen war alles vorhanden, um eigene Geräuschkompositionen zu kreieren. Es war ein spielerischer, fast meditativer Prozess, der zugleich die typischen Charakteristika der Fluxus-Bewegung verkörperte: Kunst und Leben verbinden sich hier auf direkte, unmittelbare Weise, und der Prozess selbst, das Experimentieren und das Erlebnis, stehen im Vordergrund. 

Kreativität zum Mitnehmen: Das Memory-Spiel

Für diejenigen, die die Ausstellung nicht nur durch den interaktiven Austausch, sondern auch physisch „mitnehmen“ wollten, gibts es eine besondere Idee: Für 2 Euro konnte man ein Memory-Spiel erwerben, das kleine, unvollendete Zeichnungen enthielt. Die Aufgabe bestand darin, die Zeichnungen zu ergänzen, auszuschmücken und so das Spiel zu personalisieren – eine wirklich charmante Idee, die gerade in einer Gruppe mit Freund:innen großen Spaß macht. Allerdings muss ich zugeben, dass es schwierig ist, all die interaktiven Möglichkeiten in einem einzigen Besuch zu erleben. Es hätte Stunden dauern können, wirklich alles in Ruhe auszuprobieren, und dennoch war es toll, dass die Ausstellung so viele kreative Elemente bereithält.

Wer Lust hat, kreativ zu werden und sich auf ein spannendes, feministisches Kunsterlebnis einlassen möchte, sollte diese Ausstellung unbedingt besuchen. Sie ist ein echtes Highlight und bietet nicht nur kunsthistorische Einblicke, sondern inspiriert auch dazu, eigene kreative Wege zu entdecken.

Zuletzt gibt es einen kleinen Eindruck in Form einer Fotostrecke: