Hidden Gem: Wiebus’ Buchhandlung und Antiquariat 

Artikel: Rabea Jung | Mitten in Sterkrade liegt unser literarisches Hidden Gem: Wiebus’ Buchhandlung und Antiquariat.  [Foto: Rabea Jung]

Mitten im Oberhausener Stadtteil Sterkrade liegt unser Hidden Gem: Wiebus’ Buchhandlung und Antiquariat. Die Buchhandlung ist seit 45 Jahren für gekonnte Beratung und einzigartige Inneneinrichtung bekannt und geschätzt. Verschiedene Themen rund um Literatur, den Buchhandel und soziale Medien haben wir – inklusive Ratschlägen für Studierende –  mit Inhaber Arndt Wiebus besprochen. 

Seit dem 1. Januar 1979 besteht die Buchhandlung unter der Führung von Arndt Wiebus. Gemeinsam mit  Sohn Tilman Wiebus sowie jeweils zwei menschlichen und tierischen Mitarbeiter:innen fungiert die Buchhandlung als Paradies für alle Buchliebhaber:innen. Unser Interview führen wir im Antiquariats-Showroom der Buchhandlung an einem Freitagnachmittag. Obwohl Wiebus’ Buchhandlung auch am Schulbuchgeschäft teilnimmt – also Schulen mit Lehrbüchern versorgt – und gängige Schullektüren sowie beliebte Kinder- und Jugendbücher immer auf Lager hat, sei die Konkurrenz anderer Freizeitaktivitäten bei den jüngeren Generationen bemerkbar. Dennoch bleibt das Lesen ein Hobby, was fasziniert und nicht mehr loslässt: „Wenn es jemanden packt, dann meist ziemlich heftig“, bemerkt Arndt Wiebus. Trotz der gängigen Annahme, dass junge Menschen nur vor Bildschirmen sitzen würden, sind es tatsächlich die „Digital Natives, die eher physische Bücher lesen [würden] als Erwachsene“. Vom Alter losgelöst wäre der „Anteil der Frauen in der Leser:innenschaft deutlich höher, aber wenn Männer lesen, dann viel“, so Wiebus. 

„Es gibt so viel, was man beim Rumschnüffeln in einer Buchhandlung finden kann.“

Der Alltag der Buchhandlung habe sich seit Beginn der Digitalisierung fundamental verändert – nicht nur was die Existenzbedrohung durch andere „Zeitfresser“ angeht, sondern auch hinsichtlich der Arbeitsweise der Buchhandlung, so Wiebus. In den letzten paar Jahren kam auch die vermehrte Anfrage nach durch TikTok popularisierte Bücher dazu. Solche BookTok-Hits beschreibt er kritisch als „mehr Äußerlichkeiten als Inhalte, einfache Unterhaltung“, von denen sogar die Cover identisch aussehen würden. In seiner Buchhandlung dagegen steht man vor keiner Wand identisch aussehender Bücher. Die einzigartige, seit den 50er Jahren kaum veränderte und seitdem die Kundschaft begeisternde Inneneinrichtung der Buchhandlung verströmt Liebe zur Literatur. Auch das Logo hat Arndt Wiebus selbst gezeichnet. Das Angebot wird hier nicht ausschließlich nach Verkäuflichkeit, sondern vor allem nach Kenntnis der Kundschaft sowie „bestimmten Vorlieben des Chefs“ selektiert. Daher findet man in Wiebus’ Buchhandlung auch Bücher, die man online so nicht empfohlen bekommt – entweder durch alleiniges Durchforsten der Regale oder durch die gekonnte Beratung der Mitarbeiter:innen. Was beim Stöbern auffallen könnte: Hier gibt es keine Beschilderung nach Genre, da sich das hier „von alleine zeigt“. 

Die Liebe zur Literatur zeigt sich nicht nur in Gesprächen mit Mitarbeitenden, sondern auch in der Inneneinrichtung der Buchhandlung. [Foto: Rabea Jung] 

Für Kund:innen bedeutet der Besuch von Wiebus’ Buchhandlung und Antiquariat nicht nur Beratung durch ausgebildete Expert:innen und Versand auf den nächsten Tag, sondern auch die Möglichkeit, Bücher antiquarisch besorgen zu lassen. Der Handel mit vergriffenen Büchern – ein „seltsames Geschäft“ – laufe seit Jahren rein online ab. Bis jetzt haben sie es jedoch immer geschafft, verlorene Bücher für die Kundschaft „aufzufischen“. Aus diesen Gründen kann sich Wiebus’ Buchhandlung auf eine treue Stammkundschaft – kontinuierlich steigend, mal „aus biologischen Gründen“ schwindend – berufen. Für Studierende relevant: Falls Dozierende wieder mal Exemplare auf ihre Bücherlisten gesetzt haben, die kaum aufzufinden sind – versucht es mal in einem Antiquariat. 

„Im Buchhandel ist immer was los.“ 

Ein weiterer Vorteil von lokalen Buchhandlungen: Veranstaltungen für die Gemeinschaft. So organisiert Wiebus’ Buchhandlung beispielsweise Lesungen mit verschiedenen Autor:innen – zuletzt mit Oberhausener Autor Peter Kersken in der Stadtteilbibliothek Sterkrade. Solche Veranstaltungen würden immer gut aufgenommen werden, so Arndt Wiebus: rund 100 Leute besuchten die Veranstaltung und die Kundschaft sei immer neugierig auf die nächsten Events. Bei der Auswahl der Autor:innen fokussiert sich Wiebus auf die Wünsche der Kundschaft. Planung erfolge „nach dem Büchertisch“ sowie in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Oberhausen. Demnächst stehe der Sterkrader Lesesommer an. Vom 16. August bis zum 1. September können sich Bücherliebhaber:innen auf Events zum Thema Literatur freuen, bei denen auch Wiebus’ Buchhandlung wieder dabei ist. 

„Support your local dealer!“ 

Auf die immer relevanter werdende Frage, wie man den lokalen Buchhandel unterstützen und erhalten kann, hat Arndt Wiebus nur eine Antwort: „Support your local dealer!“ Wenn ihr online bestellt, dann bei lokalen Buchhandlungen direkt – und erst recht nicht bei riesigen Ketten – solange es sich irgendwie vermeiden lässt. Solche Unternehmen zerstören nicht nur unsere Individualität, sondern vor allem auch die Infrastruktur der Städte – sogar die Heinrich-Heine Buchhandlung nahe dem Essener Campus musste mittlerweile schließen. 

„Bücher sind zwar stumme Gegenstände, aber Gegenstände, die zum Reden und Denken anregen.“

„Es gibt so viel, was man beim Rumschnüffeln in einer Buchhandlung finden kann“, so Wiebus, weshalb sein Ratschlag für Studierende lautet, mindestens eine halbe Stunde pro Woche in einer Buchhandlung zu verbringen – gerne natürlich auch mehr. Leute in Buchhandlungen hätten nun mal Geheimtipps, die man online nicht finden kann. Für ein Abschlusswort hält Wiebus sich an Kafka: „[E]in Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ Falls ihr also demnächst mal nicht wisst, was ihr als nächstes lesen sollt, besucht eure lokale Buchhandlung und lasst euch ein Buch empfehlen, das ihr vielleicht sonst nicht lesen oder finden würdet – zum Beispiel eine Empfehlung von Arndt Wiebus persönlich, Unsere Geschichte von Pingru Rao. 

Besuchen könnt ihr Wiebus’ Buchhandlung und Antiquariat auf der Steinbrinkstraße 249 in Oberhausen. 

Öffnungszeiten: 

Montags, Dienstags, Donnerstags und Freitag: 10-18 Uhr 

Mittwoch und Samstag: 10-14 Uhr  


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