Eine teure Lektion: 1200€ Bußgeld durch London’s Low Emission Zone Falle

Text und Foto: Anna Olivia Böke | Mit rund 700.000 Überwachungskameras sorgt London für Millionen-Einnahmen durch Bußgelder.

Eine Kolumne von Anna Olivia Böke

Das Autofahren in London ist bekanntlich kein Zuckerschlecken. Mit rund 700.000 Überwachungskameras sorgt die Stadt für Millionen-Einnahmen durch Bußgelder. Unsere Redakteurin ist auf Tour mit ihrer Band in die Falle der Low Emission Zone getappt. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr in dieser Kolumne.

Letzte Woche saß ich nichtsahnend und tagträumend in einem Seminar zu Literatur und Philosophie. Die Support-Tour mit meiner Band durch Großbritannien ist bereits knapp vier Monate her. Ich checke meine E-Mails und klicke auf eine Benachrichtigung des Autoverleihs, den wir regelmäßig nutzen. Meine Augen wandern über die Mitteilung, die mich über den Erhalt eines Bußgeldbescheids aufklären soll. Der geforderte Betrag: 1.191,72€. Wie ein Blitz schießt mir das Adrenalin in die Adern. „Das kann nicht sein”, denke ich immer wieder. Ich werde unruhig. Erreichen kann ich die Rechnungsstelle im Seminar sitzend nur per Mail. Ich schreibe mit zitternden Händen eine eher weniger sachliche Mail und erfrage, wie es zu diesem Betrag kommt. 

Nach ein paar langen Minuten warten, verlasse ich das Seminar mit meinem Handy, um die Verleih-Firma anzurufen. Ich sitze in einem verlassenen Flügel der Uni und frage den Mitarbeiter am Telefon, ob er mir sagen kann, was in dem Bußgeldbescheid steht. „Wie kann ein Strafzettel so hoch sein”, frage ich verzweifelt. „Wir sind doch nicht mit 300 km/h durch die Innenstadt gefahren!” Da er im Kundenservice arbeitet, habe er keinen Zugriff auf diese Informationen. Die Rechnungsstelle habe keine Telefone. Ich spüre die Wut in mir aufsteigen. 

Low Emission → High Profit

Ich schreibe eine weitere E-Mail mit mehr Inhalt und frage nett nach mehr Information. Die Unwissenheit und Machtlosigkeit machen mir zu schaffen. Mein nächstes Seminar fängt gleich an. Ich entscheide mich, in der Uni zu bleiben, aber meine Gedanken kreisen und meine Aufmerksamkeit für das Seminar ist gleich null. Plötzlich erhalte ich eine Mail der Firma, die mir erklärt, es gehe um die Mautbestimmungen in London und wir werden wohl oder übel zahlen müssen. Ich erhalte auch den Originalbescheid und lese den Begriff „Ultra Low Emission Zone”. Eine intensive Hausarbeit-reife Internetrecherche folgt. Von Dürrenmatts Stücken bekomme ich überhaupt nichts mit. 

Bei einer Ultra Low Emission Zone (kurz: ULEZ) handelt es sich um eine Maßnahme zur Einsparung der extrem hohen CO2-Emissionen in der Stadt – so weit, so gut. Fahrzeuge, die nicht den geforderten Voraussetzungen entsprechen, dürfen dennoch passieren, aber zu einem Preis von 12,50 Pfund pro Tag. Hätten wir also das ausländische Fahrzeug vorab registriert und knapp 15 Euro am Tag bezahlt, hätten wir diesen Albtraum umgehen können. Das gibt dem Sprichwort „Wissen ist Macht” eine völlig neue Bedeutung.
Meinen Recherchen zufolge und nach einem eifrigen Chat mit einem Bekannten in London erfahre ich auch, dass der geforderte Betrag die Strafe für einen LKW ist, nicht für einen Van, wie wir ihn geliehen haben. Ich lege sowohl beim Transport for London, sowie der Euro Parking Collections Behörde einen Widerspruch ein – nur 42 Tage Bearbeitungszeit werden angekündigt. Die Verleihfirma hat darüber hinaus bereits den Betrag gezahlt und fordert diesen nun von uns ein. Eine Chance auf eine Zahlungspause gäbe es nicht. Der E-Mailverkehr geht noch den nächsten Tag weiter, bis ich schließlich einsehen muss, dass wir hier machtlos sind. Besonders schade finde ich, dass dieses böse Erwachen nach einer so schönen Tour einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Fest steht: das wird uns bei der nächsten Tour sicherlich nicht wieder passieren.


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