Ein Plädoyer für Stadtbibliotheken

Artikel und Foto: Selome Abdulaziz | Der neue Lieblingsort unserer Autorin: die Bochumer Stadtbibliothek.

Seit dem Studium sind Bibliotheken für unsere Autorin Schreckensorte. Jetzt hat sie die Liebe zu Büchereien wiederentdeckt. Warum ihr öfter in eine Stadtbibliothek gehen solltet.

Als Kind verbrachte ich Stunden in der Kinderbibliothek meiner Heimatstadt. Durch Bücher wie Herr der Diebe und die Harry Potter Reihe entstand meine Liebe zu Literatur. Manchmal schwänzte ich sogar das Basketballtraining im Sportverein, um heimlich in der Bücherei zu schmökern. Dann wurde ich älter und Netflix und Co. haben mich in ihren Bann gezogen, meine Aufmerksamkeitsspanne reicht kaum noch für Bücher. Spätestens seitdem ich studiere sind Bibliotheken für mich ein Schreckensort geworden. Das grelle Licht, das die Verzweiflung in den Gesichtern der Mitleidenden betont und die beunruhigende Stille, die nur vom Hämmern auf Laptoptastaturen und Schluchzen unterbrochen wird, machen das Grauen dieser Orte aus.

Die Existenz von Stadtbibliotheken, die statt Fachliteratur und wissenschaftlichen Journals Belletristik und Sachbücher im Angebot haben, habe ich aus meinem Bewusstsein verbannt. Bis ich bei der Suche nach einem Platz zum Arbeiten vor folgendes Problem stieß: die Unibib war mir zu deprimierend und Cafés auf Dauer schlicht zu teuer. Da fiel mir mein liebster Ort aus der Kindheit wieder ein: die Stadtbibliothek! Die Zentralbibliothek in meiner neuen Heimat Bochum ist gut zu erreichen, sie liegt direkt an der Haltestelle „Rathaus“, im gleichen Gebäude wie die Volkshochschule.

Ein bisschen Druck schadet nicht

Das Interieur ist schlicht, aber einladend. Grüner Teppichboden, übersichtlich sortierte Regale und große Fensterwände sorgen für eine gemütliche Atmosphäre. Ich mache mich auf die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz. Auf allen drei Etagen gibt es Sitzplätze, die meisten Besuchenden sitzen dort mit Büchern, einige wenige wie ich mit einem Laptop. Steckdosen gibt es allerdings nur vereinzelt. Für mich nicht weiter schlimm, ich möchte nur ein paar Stunden bleiben, dafür reicht mein Akku noch. Ich habe einen Platz mit Fensterblick gefunden, setze meine Kopfhörer auf und erledige eine Aufgabe, die ich seit Tagen aufschiebe, innerhalb einer Stunde.

Dann beginne ich, mich in der Bibliothek weiter umzuschauen und stöbere in den Regalen. Vielleicht hilft mir der Druck, das Buch nach vier Wochen wieder zurückgeben zu müssen, bei meinem Vorhaben, wieder mehr zu lesen, denke ich mir. Ich beschließe also, ein Buch auszuleihen. Vor Kurzem habe ich den österreichisch-britischen Autoren Stefan Zweig für mich entdeckt und entscheide mich für die Kurzgeschichten-Sammlung „Verwirrung der Gefühle“.

Am Informationsschalter begrüßt mich eine freundliche Mitarbeiterin. Sie fragt, ob ich studiere. Als ich ihr meinen Studierendenausweis der Ruhr-Universität Bochum (RUB) aushändige, sagt sie: „Sie haben Glück. Als RUB-Studierende bekommen sie den Bibliotheksausweis kostenlos.“ Ein Jahr lang kann ich kostenlos Bücher und weitere Medien wie Filme oder Videospiele ausleihen. Dann kann ich den Ausweis kostenlos erneuern, solange ich noch an der RUB studiere. Und tatsächlich hilft der Druck beim Auslesen des Buchs. Ich muss zwar zweimal online verlängern, aber dann habe ich das Buch durch und leihe mir das nächste aus.

Stadtbibliotheken im Ruhrgebiet

Wenn ihr jetzt hoffentlich auch Lust bekommen habt, in Stadtbibliotheken zu stöbern, haben wir hier Informationen für euch zusammengetragen. In Duisburg kostet ein Bibliotheksausweis für ein Jahr 20 Euro. Leistungsempfänger:innen erhalten diesen für zehn Euro. Wenn ihr erstmal schnuppern wollt, gibt es einen Ausweis, der drei Monate gültig ist, für sieben Euro oder einen Monats-Ausweis für fünf Euro. Die Stadtbibliothek Duisburg veranstaltet auch Lesungen, zum Beispiel liest Alexa Hennig von Lange am 22.09. von 20-22 Uhr ihr Werk „Zwischen den Sommern“ in der Zentralbibliothek. Hier könnt ihr den Ausweis direkt online beantragen.

In der Stadtbibliothek Essen kostet ein Jahresausweis 22 Euro. Eintagsfliegen zahlen für einen Tagesausweis vier Euro, 3 Monate kosten euch acht Euro. Zehn Euro kostet der Ausweis für Menschen, die Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe empfangen. Ihr könnt neuerdings auch Musikinstrumente in der Essener Bibliothek ausleihen. Den Ausweis müsst ihr vor Ort beantragen.

Die Stadtbibliothek Dortmund bietet einen Jahresausweis für 22 Euro, 40 Euro kosten zwei 2 Jahre. Studierende zahlen elf Euro pro Jahr, Studierende der TU Dortmund, FH Dortmund und IU Dortmund bekommen einen kostenlosen Bibliotheksausweis. Sieben Euro kostet eine einmalige Ausleihe. In den unterschiedlichen Stadtteilbibliotheken gibt es wechselnde Ausstellungen und Lesungen. Hier findet ihr die Veranstaltungen.

Die Bochumer Stadtbibliothek bietet einen Jahresausweis für 30 Euro, 18 Euro kosten 6 Monate. Studierende der RUB und der Georg-Agricola-Hochschule erhalten einen kostenlosen Ausweis. Den ermäßigten Bibausweis für 10 Euro pro Jahr bekommen unter anderem Schüler:innen und Studis unter 29, Azubis und Leistungsbeziehende. Fehlt euch ein Titel im Katalog der Bücherei, könnt ihr einen Medienwunsch online beantragen und könnt den Titel direkt als erste lesen. Dafür gibt es eine Gebühr von 1,50 Euro. Den Ausweis könnt ihr vor Ort oder online beantragen.


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