Artikel: Anna Olivia Böke | 2022 fanden sich zuletzt 10.000 Menschen in den Dortmunder Westfalenhallen für eine Live-Lesung des Hörspiels ein. [Foto: Anna Olivia Böke]
Das kultige Hörspiel unserer Kindheit wird dieses Jahr 45 Jahre alt. Ob spannende Geschichte, Nostalgie, Einschlafhilfe oder Sammlerspaß – Die Detektivgeschichten um Justus, Peter und Bob begleiten Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen und sind erfolgreicher als je zuvor. Ein Rück- und Ausblick in ein Stück deutsche Popkultur.
Mit über 200 gelösten Fällen, die bereits weit über 70 Millionen Bücher und Hörspiele in Deutschland verkauft haben, sind Die Drei ??? die erfolgreichste deutsche Detektivreihe aller Zeiten. Mit knapp 900.000 monatlichen Hörer:innen bei Spotify sind Die Drei ??? heute noch viel relevanter, als mit ihrer ersten deutschen Folge Der Superpapagei 1979.
Das erstaunliche: Spotify-Daten zeigen, dass über 90 Prozent der Hörer:innen älter als 18 Jahre alt sind, fast 30 Prozent haben auch die 30 längst überschritten. Wie kann sich ein vermeintliches Kinderhörspiel über ein halbes Jahrzehnt so halten und ein so breites Publikum ansprechen? Zunächst folgt hierzu ein Blick in die Entstehung des Kultklassikers.
Die Originalserie kommt aus den USA und heißt The Three Investigators. Erfinder der Serie ist Robert Arthur, der sich die Charaktere 1964 ausgedacht hat und insgesamt elf Folgen der Serie geschrieben hat. 1990 wurde die Serie in den USA auf Eis gelegt und seit 1993 schreiben ausschließlich deutschsprachige Autor:innen die Folgen. Seither erzielen die Geschichten immer mehr Erfolge. Nach einer durch Rechtsstreitigkeiten verursachten Zäsur zwischen 2005 und 2008 folgte unter anderem ein Guinness-Weltrekord für das größte Live-Hörspiel der Welt mit 15.211 Zuschauer:innen. 2016 gab es den Sonderpreis des Deutschen Hörbuchpreises.
Der Hype um die Detektivgeschichten klingt nicht ab
2022 waren die Sprecher Oliver Rohrbeck (Justus Jonas), Jens Wawrczeck (Peter Shaw) und Andreas Fröhlich (Bob Andrews) zuletzt auf Tour – darunter die ausverkaufte Westfalenhalle in Dortmund. Das sind etwa 10.000 Menschen verschiedensten Alters, die sich eine Live-Lesung des Hörspiels Der Dunkle Taipan mit Live-Vertonung von Foley-Artist Jörg Klinkenberg anhörten. Vinyls, zum Beispiel die Folge Das Riff der Haie, werden auf Ebay zum Teil für um die 600 Euro verkauft.
Ich bin 26. Mein Partner kann ohne das Hörspiel kaum einschlafen – so höre ich es auch von einer anderen Freundin. Bei langen Autofahrten dürfen die drei Detektive ebenso nicht fehlen. Wie kommt es also, dass ein Hörspiel, einst gedacht für Jugendliche, eine solchen Anklang bei Erwachsenen findet? Ein wichtige Rolle spielt dabei der Nostalgie-Faktor. Sprecher Oliver Rohrbeck sagte dazu in einem Interview mit Welt: „Wenn der Fernseher tabu war, durften sie noch eine Kassette zum Einschlafen hören. Dadurch haben sie vielleicht eine Art Tiefenprogrammierung bekommen.”
Lange Zeit war auch Thriller-Autor und Regisseur Alfred Hitchcock (Vertigo, The Birds) als Autor der Geschichten angegeben. Jedoch handelte es sich dabei um einen Marketing Trick. Hitchcock ließ sich dafür bezahlen, dass sein Name und sein Gesicht die Titel der Bücher schmückten, obwohl er nie ein Wort schrieb. Diese Assoziation verhalf der Bücherreihe zu Interesse und Ansehen, vor allem bei erwachsenen Fans seiner Werke.
Auch die einzigartigen, bunten Illustrationen der deutschen Künstlerin Aiga Rasch, die die Cover der Folgen zieren, sorgen für einen Wiedererkennungswert. Die Bilder sind zum Teil wirklich eindrucksvoll und sogar furchteinflößend. Assoziativ denkt man dabei nicht unbedingt zuerst an Kinder. So schmücken die Bilder als Accessoire ebenso T-Shirts und Wände von Erwachsenen.
Aber auch für Kinder bleibt das Konzept spannend – Drei Jungs, die sich in einer Erwachsenenwelt behaupten, immer Sommerferien haben, um Fälle zu lösen und nie Hausaufgaben machen müssen. Das ist natürlich aufregend. So fesselt das Hörspiel auch heute, nach 45 Jahren, mit seiner wohlig gruseligen Spannung, augenzwinkerndem Humor und viel Nostalgie sowohl die Kassettenkinder der ersten Stunde als auch junge Fans.