Des Teufels Werke im Düsseldorfer Kunstpalast

Artikel: Freya Pauluschke | Das Werk kritisiert die unbetäubten Operationen des Chirurgen Sims an Schwarzen Frauen. [Foto: Freya Pauluschke | King Cobra: Red Rack of THose Ravaged and Unconsenting (2018), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023]

Mit der Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ präsentiert der Kunstpalast in Düsseldorf erstmalig künstlerische Strategien des Grauens in Mode, Musik, Film, zeitgenössischer Kunst und klassischer Malerei. Wir berichten, was euch erwartet.

Betritt man den ersten Ausstellungsraum, liest man sofort die Worte „Tod und Teufel“, geschrieben in Metal Font, das „f“ ähnelt einer Sense. Das Emblem hat der sogenannte „Lord of Logos“ Christophe Szpajdel extra für diese Ausstellung illustriert. Der Raum ist duster, in der Mitte steht ein Sarg. Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut und beginnt daher mit Gemälden aus der Renaissance und der Schwarzen Romantik. Die europäische Kunst- und Kulturgeschichte ist stark von Darstellungen von Tod und Schrecken geprägt. Der Horror wird dabei nicht nur gefürchtet, sondern auch fasziniert oder für Kritik benutzt.

In der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit führten lebensbedrohliche Krisen wie die Schwarze Pest oder der Dreißigjährige Krieg zur intensiven Auseinandersetzung mit Tod und Vergänglichkeit. Totenköpfe, Skelette und Dämonen waren häufige künstlerische Motive, die stets an die menschliche Sterblichkeit erinnerten und somit vor einem Leben voller Sünden warnten. Ab 1800 wurde der Tod und alles Groteske vielmehr romantisiert bis verherrlicht. Die Gestalt des Teufels wandelte sich zu einem schönen Satan mit menschlichem Körper oder einer attraktiven Frau.

Horror in Mode, Musik und Film

Nach nur zwei kleinen Ausstellungsräumen geht es etwas abrupt mit Goth-Kleidung von Haute-Couture-Designer:innen weiter. Darunter ein wallendes fragmentiertes rotes Kleid aus Synthetik-Leder, das 2015 in der Frühlingskollektion „Blut und Rosen“ von Rei Kawakubo für Comme Des Garçons erschien. Eine Fotografie von Model Rick Genest, besser bekannt als Zombie Boy, ziert eine ganze Wand und mit seinem Ganzkörper-Skelett-Tattoo und tiefem Blick wirkt er einschüchternd. In Vitrinen sind Schuhe ausgestellt, das eine Paar hat Zähne als Sohle, ein anderes filigrane Knochen als Absatz.

Ab dem späten 20. Jahrhundert wurde der Horror auch fester Bestandteil verschiedener Musikgenres. Metal Musik setzt den Tod und Teufel als Stilmittel ein, um Tabuthemen anzusprechen oder sich gegen die Norm zu stellen. Auch Pop- und Hip-Hop-Musiker:innen greifen Motive des Horrors auf. Plattenalbumcover von Motörhead, Lady Gaga, Billie Eilish, Metallica, Black Sabbath und vielen mehr zieren eine Wand. Dazu können Besucher:innen an drei großen Bildschirmen mit Kopfhörern die entsprechenden Musikvideos dazu schauen. Im nächsten Raum sind die Wände mit Filmpostern von Horrorfilmen und Thrillern bedeckt, ein Raum weiter werden Szenen aus bestimmten Filmen abgespielt.

Erschreckende Kritik

Der belgische Künstler Kris Martin schrieb 2013 „SOMEBODY“ auf Papier. Wüsste man nicht, dass er dies mit menschlicher Asche schrieb, ist erstmal nichts gruselig an dem Werk. Mit dem Kontrast zwischen der Asche und den großen Buchstaben will Martin die Kluft zwischen Leben und der Nichtexistenz nach dem Tod darstellen.

Doreen Garner, die unter ihrem Künstlernamen King Cobra arbeitet, schuf 2018 das Werk „Red Rack of Those Ravaged and Unconsenting“. Wie Fleisch in einer Metzgerei hängen zerstückelte und wirr zusammengenähte Körperteile an Haken, umrahmt von roten Neonröhren, manche Brocken sind mit Perlen und Nadeln bestückt, hier und da erkennt man eine Hand oder eine Brust. King Cobra bezieht sich mit dem Werk auf Schwarze versklavte Frauen, die im 19. Jahrhundert Opfer des Arztes James Marion Sims wurden, der gynäkologische und andere Operationen ohne Betäubung durchführte.

Der letzte Raum ist eine Installation des Künstlers Stefan Vogel, spezifisch für die Ausstellung entwickelt. Man geht über zerbrochene Möbel, die Wände bestehen aus alten Matratzen, was an eine Weichzelle einer Psychiatrie erinnert. Über Audiospeaker vermischt sich der Dialog eines Paares, das übers gemeinsame Leben nachdenkt. Vogel stellt häuslichen Horror dar, indem sich Fragen nach der Identitätsveränderung durch die Zwänge der Häuslichkeit und den Einfluss familiärer Strukturen stellen.

Nur noch bis zum 21.01.2024 könnt ihr die Ausstellung besuchen, der Eintritt kostet 16 Euro, ermäßigt 12 Euro.

In unserer Fotostrecke bekommt ihr einen Eindruck der Ausstellung [Fotostrecke: Freya Pauluschke | Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023]:

Foto 1: Foto: Freya Pauluschke | Christophe Szpajdel: Tod und Teufel (2023), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 2: Foto: Freya Pauluschke | Franz Krammer: Faust und Mephisto auf dem Blocksberg (1834), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 3: Foto: Freya Pauluschke | (links) Friedrich Wilhelm Murnau: Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922); (rechts) Robert Wiene: Das Cabinet des Dr. Caligari (1920), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 4: Foto: Freya Pauluschke | Rei Kawakubo für Comme des Garçons (2015), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 5: Foto: Freya Pauluschke | Dimitry Smirnov: Zombie Boy (Rick Genest) (2011), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 6: Foto: Freya Pauluschke | Ausstellungsansicht, Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 7: Foto: Freya Pauluschke | Ausstellungsansicht, Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 8: Foto: Freya Pauluschke | Ausstellungsansicht, Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 9: Foto: Freya Pauluschke | Kris Martin: Somebody (2013), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023

Foto 10: Foto: Freya Pauluschke | Stefan Vogel: Wollen (2023), Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ 14.09.2023-21.01.2024, Kunstpalast Düsseldorf, 2023


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