Der letzte Abend im Rekorder

Letztes Jahr feierte er seinen 10-Jährigen Geburtstag, nun muss er dicht machen. Ein geliebter Raum im Herzen des Ruhrpotts wird gezwungen, seine Türen zu schließen. Die Hintergründe zur Schließung des Rekorders und was das für das Kulturleben im Ruhrpott bedeutet. 

Artikel: Nikita Verbitskiy | Der Rekorder schließt für immer seine Türen. [Foto: Nikita Verbitskiy]

„Dahinter steht eine Truppe, die einfach Bock hatte, einen Raum für andere zu schaffen“, erzählt uns Kathi, selbst seit fünf Jahren als Teil des Awareness-Teams Mitglied der Tonbande e.V., dem Verein, der hinter dem Rekorder in Dortmund steht. 2013 öffnete der in der Dortmunder Nordstadt gelegene Rekorder seine Türen zum ersten Mal. Die Idee war ein Raum für die Kultur in Dortmund. Ob für einen Schachabend, ein Konzert oder eine Ausstellung, alles war möglich und erwünscht. Um Profit ging es den Menschen dabei nicht. Das einzige finanzielle Ziel des Rekorders war die Selbsterhaltung. Kathi fasst die Philosophie in einem Satz zusammen: „Der Rekorder macht keine Plus-Geschäfte“. 

Vor rund einem Jahr ging bei der Tonbande die Kündigung ein, deren Frist nun Ende März abläuft. Es besteht anderweitiges Interesse bei den Vermieter:innen, den Raum zu nutzen. „Es ist auch einfach schade, dass von beispielsweise den Vermieter:innen die kulturelle Arbeit nicht gesehen wird“, erzählt Kathi. Sie berichtet auch, wie alleine gelassen man sich in dieser Arbeit der Kulturförderung fühlt. Es gibt teils finanzielle Unterstützung von der Stadt, aber Hürden wie diese machen es laufend immer schwerer, diese Arbeit aufrechtzuerhalten. 

Durch die non-profit Orientierung des Vereins bot der Rekorder eine niedrigschwellige Bühne und damit aufstrebenden Kulturschaffenden die Möglichkeit, ihre Arbeit zu präsentieren. In diesem Zuge bekamen Besucher:innen die Gelegenheit, spannende lokale Kunst zu erleben, die sonst im Verborgenen geblieben wäre. Auch Vereine profitierten von den Räumlichkeiten des Rekorders. So konnte das Feministische Kollektiv in Dortmund durch eine Benefiz-Veranstaltung im Rekorder ihre Arbeit finanzieren. 

„Es fehlen einfach die Räume“

„Es braucht Orte für lokale Releasekonzerte, internationale Geheimtipps und subkulturelle Vernetzung. Und die gibt es fast gar nicht mehr“, heißt es auf der Website des Rekorders zu dem Thema. Und es stimmt, dass es in Dortmund mittlerweile dünner wird. Von dem Gefühl berichtet auch Kathi: „Als ich von der Schließung erfuhr, war das erste Gefühl, dass ich in dem Moment hatte, dass Kultur in Dortmund für den Arsch ist.“ Ohne der Kultur einen Raum zu geben, kann sie nicht florieren, worunter die freie Szene leidet. Während ein Mario Barth die Halle füllt, sehen sich lokale Independent-Artists immer mehr dazu gezwungen, die Stadt zu verlassen und einen Ort zu finden, in dem sie mehr Räume und Möglichkeiten finden. Dabei ist die Motivation da. Organisationen wie die Tonbande oder auch das blend.haus versuchen stetig die lokale Kultur zu fördern und die Menschen zu vernetzen. „Doch es fehlen einfach die Räume“, fasst Kathi das Problem zusammen. Ein Raum war der Rekorder. 

Einen letzten Abend ließen sich der Rekorder und seine langjährigen oder auch neuen Besucher:innen am 09. März nicht nehmen. Nachmittags gab es einen Kleidertausch und Cocktails, um 20 Uhr ging es mit den Konzerten und DJ-Sets los. Die Stimmung war ausgelassen und es fanden sich im Laufe des Abends so viele Leute ein, dass das Konzert nur noch mit einem Vorverkaufsticket besucht werden konnte. Die Leute füllten auch den Außenbereich immer mehr. Bis in die späten Stunden wurde der Raum genutzt, denn das letzte Mal musste ausgekostet werden. Wie es weitergeht, ist bisher ungewiss. „Die Tonbande e.V. wird auf jeden Fall bestehen bleiben“, versichert Kathi. Der Rekorder II, ein kleinerer Raum des Vereins ein paar Minuten entfernt, in dem Workshops oder Vernissagen stattfinden, soll ebenfalls erhalten bleiben. Nun geht es auf die Suche nach einem neuen Zuhause.


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