Death of the Cinema?

Artikel: Nikita Verbitskiy | Die Schauburg in Dortmund konnte als Independent-Kino bisher knapp überleben. [Foto: Nikita Verbitskiy]

Das Kino – Jahrzehnte nicht aus dem Leben wegzudenken, scheint seine Relevanz langsam zu schwinden. Stehen wir vor einer Zukunft, die nur noch aus Streaming besteht? Wie Corona und Netflix gegen Cinestar und die Oscars kämpfen. 

Erste Dates, Treffen mit Freund:innen oder einfach Zeit totschlagen, das Kino war für alle Anlässe eine Option und kulturell allgegenwärtig. Ob man den neuesten Blockbuster im Riesensaal, einen Kindergeburtstag oder spannende Arthouse-Releases im kleinen Independent-Kino nimmt, hier wurde alles abgedeckt.  Im Laufe des 21. Jahrhunderts hat sich allerdings eine Wende aufgetan. Während von 1993 bis 2008 im Jahr durchschnittlich 142,5 Millionen Menschen in Deutschland ins Kino gingen, sind es in den darauffolgenden 15 Jahren nur noch 103,8 Millionen. Hier spielt auch Corona eine ausschlaggebende Rolle, da 2020 und 2021 die Kinos teilweise schließen mussten oder nur die Hälfte des Saals besetzen durften, doch selbst in den darauffolgenden zwei Jahren stiegen die Besucher:innenzahlen nur schwach. 

Die Pandemie spielt hier mit den Streaming-Services wie im Einklang – Lockdown heißt Bingen. Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, wendet man sich dem eigenen Gerät zu und gewöhnt sich an den Luxus, das Haus nicht mehr zu verlassen und den Preis eines Kinotickets für einen ganzen Monat Streaming-Mitgliedschaft zu bezahlen. Dieser Trend hielt sich bis jetzt, denn die Menge an Streaming-Service Abonnements stieg weltweit Jahr für Jahr an. Während es 2020 noch 1,5 Milliarden Abos waren, sind wir in 2024 mittlerweile bei über 2 Milliarden. Durch den Anstieg der Abonnements bekommen die Streaming-Services auch immer mehr Geld und Möglichkeiten, eigene Produktionen, die exklusiv auf dem Portal zur Verfügung stehen, zu kreieren. 

Serien in Serie

Diese Eigenproduktionen von Netflix, Disney+ und anderen Streamingportalen kippen das bestehende Machtverhältnis. Ursprünglich war das Kino die einzige Möglichkeit, einen neuen Film zu sehen und man musste teilweise über ein Jahr warten, bis er im Fernsehen lief oder auf DVD verkauft wurde. Das lag daran, dass die Studios ihre Filme mit Hinblick auf das Kino produziert haben und diese dann bei der Veröffentlichung auch exklusiv an diese verliehen haben. Bei Streamingportalen sieht das natürlich anders aus. Hier ist der einzige Anreiz die Filme im Kino zu zeigen eine Vorgabe von verschiedenen Preisverleihungen, wie zum Beispiel den Oscars. Dafür muss ein Film zumindest für eine gewisse Zeit im Kino laufen, weshalb die Anbieter sie auch dort anbieten müssen, wenn sie Preise gewinnen wollen. 

Ein anderer Effekt des Streaming-Booms ist auch die Art der Produktion: Serien scheinen die letzten Jahre der Tenor zu sein. Oft ist das dauerhafte Eintauchen in eine uns bekannte Welt gemütlicher und einfacher, als sich jedes Mal neuen Charakteren und Umständen auszusetzen, dadurch spielt das Format perfekt in die ohnehin gemütlichere Welt des Streamings. Die Anzahl der produzierten Serien spiegelt den Trend ebenfalls wider, während 2009 210 neue Serien produziert wurden, war es 2022 mit 599 fast die dreifache Menge. 

Die Zukunft des Kinos ist bisher unklar – Schließungen musste es in Deutschland bisher nicht allzu viele geben. Während die Zahl der produzierten Serien in den letzten 20 Jahren stetig nach oben kletterte, konnte hier allerdings im Jahr 2023 ein Bruch festgestellt werden: Um ganze 24 Prozent fiel die Menge an produzierter Serien in dem Jahr, ein Ereignis das schon als The End of Peak TV” betitelt wurde. Hier wird aber auch der monatelange Streik der Autorengilde einiges zu beigetragen haben, wie es in diesem Jahr aussieht, bleibt abzuwarten.


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