Campuserlebnis: Willkommen in der Wildnis – Das garantierte Chaos der ersten Uni Woche

Alle Semester wieder: Die erste Uni-Woche ist geschafft. Eine Woche voller Parkplatz suchen, Seminar-Plätze erkämpfen, überfüllten Cafés und zu viel Small-Talk. Wieso die erste Woche die anstrengendste im ganzen Semester ist, könnt ihr hier nachlesen.

Artikel: Anna Olivia Böke | Foto: Anna Olivia Böke

Ich studiere angewandte Literatur- und Kulturwissenschaften mit Kulturanthropologie des Textilen und Soziologie im Nebenfach an der TU-Dortmund. Ähnlich lang und kompliziert, wie das klingt, ist auch der Prozess des Stundenplan-Erstellens. Bevor das neue Semester beginnt, heißt es bei uns in den Ferien: planen und bangen. Es braucht etwa einen halben Tag und einen vor lauter geöffneten Tabs rauchenden PC, um einen, ich betone, zunächst vagen Stundenplan zu erstellen. Einen Platz zu erhalten, ist schließlich nicht garantiert. Somit heißt es: So viele Seminarplätze wie möglich abstauben, um in der ersten Uni-Woche zu allen hin zu gehen. Nur so ist zu erfahren, was dort eigentlich für Leistungen erbracht werden müssen. Ist die Dozent:in zurechnungsfähig? Ist der Workload überhaupt zu schaffen? All diese Fragen müssen geklärt werden. Die Seminare, die man unbedingt besuchen möchte, in denen man aber keinen Platz erhalten hat, werden auch besucht. So sitze ich am Mittwoch spätnachmittags in einem völlig überfüllten Seminar zum Thema „Country Music” und versuche, einen Platz zu ergattern – vergebens. 

Am Ende der Woche kann ich mir dann ein Bild machen, mich von Seminaren abmelden und Dozent:innen E-Mails schreiben und nach Restplätzen betteln, bis hoffentlich nächste Woche ein Stundenplan feststeht. Je höher das Semester, desto schwieriger ist das Puzzle aufgrund der zu beachtenden Modulteil-Zuordnungen. Der Wunsch nach dem nächsten Urlaub ist nie größer als nach der ersten Uni-Woche.

Die No-Show-Dozentin

Eine besonders freudige Erfahrung, die ich dieses Semester machen durfte, war eine Vorlesung, die später zum Angebot hinzugefügt wurde. Ich war noch nicht offiziell zugelassen, aber seit Wochen angemeldet. (Die Funktionen des Stundenplan-Portals sind Thema für einen anderen Tag). Es war ein Raum  angegeben und laut Portal waren auch noch Plätze frei. Nachdem ich zwei Stunden an der Uni zwischen Seminar und Vorlesung gewartet hatte, begab ich mich zum offiziell eingetragenen Hörsaal. Ich traf dort einen weiteren Studenten, der ähnlich verwundert über einen sonst leeren Raum zu sein schien. Wir warteten zehn Minuten und formulierten dann eine E-Mail an die No-Show-Dozentin. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass die Vorlesung digital stattfinden würde, doch die Kommunikation ging nur an offiziell zugelassene Studierende. Eine weitere organisatorische Meisterleistung der TU.

Die Sache mit dem Parkplatz 

Ein anderer Punkt, der mich glücklicherweise selten betrifft, ist die Suche nach einem Parkplatz. Da die Anwesenheit in der ersten Woche aufgrund des darwinistischen Seminarplatz-Sicherungs-Prozesses phänomenal in die Höhe schießt, kann es zu exorbitanten Parkplatz-Suchzeiten kommen. Eine halbe Stunde sollte dabei, wie ich dieses Semester am eigenen Leib auf dem Weg zur Redaktion am Essener Campus der UDE erfahren musste, unbedingt eingeplant werden. Interessant ist dabei, dass die Uni anscheinend nicht dafür ausgelegt zu sein scheint, alle pendelnden Student:innen zu begrüßen und regelrecht davon ausgeht, dass nicht alle erscheinen.

Die temporäre Überbevölkerung des Campus ist jedoch nicht nur anhand der limitierten Parkplatz-Ressourcen zu spüren, sondern auch zwischen den Seminaren. Das Spektakel der längsten Schlange der Welt ist zu bestaunen, wenn alle übermüdeten Studis in der kurzen Pause zum nächstgelegenen Campus-Café pilgern, um sich ihren überlebenswichtigen Koffein-Kick abzuholen. Für Menschen wie mich, die sich in der Uni lieber weitestgehend unentdeckt rein und raus schleichen, ist das Getümmel ein Dorn im Auge. Der Small-Talk, der mit entfernten Bekanntschaften und neuen Begegnungen in Seminaren einhergeht, kann für introvertierte oder sogar sozial scheue Studierende ein weiterer Stressfaktor sein. 


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