Album des Monats: TRÄNEN – Haare Eines Hundes

Artikel: Anna Olivia Böke | Das Debütalbum des Newcomer Duos TRÄNEN erschien am 03. November. [Foto: Anna Olivia Böke]

Das Newcomer Duo TRÄNEN schlägt neue deutsche Wellen mit ihrem Debütalbum Haare Eines Hundes. Am 03. November erschienen und bereits national gefeiert, machen sich Sängerin Gwen Dolyn und Gitarrist Steffen Israel damit so rasant auf den Weg an die Spitze des Deutschpops, dass sogar Blumengarten schwindelig wird.

Die musikalische Odyssee von TRÄNEN begann erst Anfang diesen Jahres mit einem geheimnisvollen Instagram-Account, der einen flimmernden Schriftzug „TRÄNEN” und eine Galerie von Analogfotos zeigte. Nun ist das Album, nach der Veröffentlichung dreier Singles, endlich da. „Haare eines Hundes”, ein Sprichwort, das sich aus dem Glauben entwickelte, dass ein wirksames Mittel gegen Tollwut, oder jede durch einen Hundebiss übertragene Krankheit, darin besteht, ein Haar des betreffenden Hundes zu nehmen und es in die Bisswunde zu legen. Heute wird es vorwiegend zur Bezeichnung des Konterbiers genommen. Der Titel liest sich also symbolisch für die Bekämpfung von Feuer mit Feuer.

Die klangliche Erkundungstour beginnt mit dem Track Es ist nicht wie es aussieht, der mit den trotzigen Worten eröffnet: „Natürlich war ich manchmal auch schon traurig / Aber das ist ja auch egal”. Diese intensiven Phrasen stehen im starken Kontrast zu einem beschwingten Sound, der die Moderne in die Vergangenheit versetzt. Dieser Opener setzt die musikalische Richtung und enthüllt die Fähigkeit von TRÄNEN, eingängige Pop-Melodien mit Gwen Dolyns energetischer und nie leichtgewichtiger Stimme zu vereinen.

Die Erstveröffentlichung Stures dummes Herz präsentiert sich in einem poppigen und fröhlichen Gewand, wobei hinter der oberflächlichen Euphorie ein analytisches Selbstgespräch verborgen liegt. Mit Zeilen wie „Als ich gesagt hab einen Kick / Meinte ich nicht in den Bauch / Aber wenn andere mich lieben / Ja, dann liebe ich mich auch” zielen TRÄNEN eben genau darauf ab – einen emotionalen Treffer in den Bauch. Dort, wo es in die Knochen geht und zutiefst nachempfindbar wird. 

Kapitulation markiert einen weiteren Schritt der klanglichen Reise des Duos. Die verspielte Leichtigkeit weicht einer reduzierten, leicht nervösen Elektronik, die sich zu einer epischen Dichte entfaltet. Der Text, von Beginn an kompakt, wirft direkt die komplexe Frage auf: „Bin ich eine schönerer Mensch, wenn ich leiser bin als deine Angst?” Ein Machtgefälle wird greifbar, und die Kapitulation dient hier als Aufforderung zum Aufstehen.

Ein Höhepunkt des Albums ist sicherlich auch der Song Duell der Letzten, die zweite Single von TRÄNEN. Diese betont die wütende Punk-Attitüde der Band und ist gleichzeitig eine Neuinterpretation eines Songs der Deutschpunkband Chaos Z aus den 80ern. Dieser Track vermittelt die Ursprünge und Selbstwahrnehmung der Band.

Zu alt geboren und Schießen Lernen vertiefen die thematischen Ebenen des Albums. Ersterer beleuchtet toxische Schöheitsideale, während letzterer die alltäglichen Ängste von FLINTA* Personen in der Nacht thematisiert. Die Texte sind unmittelbar, deutlich und spiegeln schonungslos die Realitäten des modernen Lebens wider.

Die Musik von TRÄNEN ist eine tanzbare Mischung aus Indie, punkiger Attitüde, Neue Deutsche Welle und Synth-Pop. Der Sound ist eingängig und eigenständig, und die Band verwebt gekonnt nostalgische Ästhetik mit einem modernen Touch. Die Videos und Bühnenpräsenz von TRÄNEN vertiefen die Reflexion der Absurditäten der Moderne. Durch die Kombination einer abgedrehten, chaotisch-bunten Ästhetik mit Gwens Lyrics, die tiefgreifende Themen zu Beziehungen und Gesellschaft ansprechen, zeigt das Duo ihre Vielschichtigkeit.

Haare eines Hundes ist insgesamt ein beeindruckendes Debütalbum, das durch seine Vielfalt an Stilen und tiefgründigen Texte überzeugt. TRÄNEN haben eine klangliche Identität geschaffen, die sich durch ihre Eigenständigkeit und Vielschichtigkeit auszeichnet. Mit einer Mischung aus musikalischer Raffinesse und emotionaler Tiefe haben TRÄNEN einen bedeutenden Beitrag zur deutschen Indie-Szene geleistet. 


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