Erasmus-Trivago: Mieten und Weinen

Artikel: Nikita Verbitskiy | Die schönen Altbauten in Barcelona haben oft große Balkone und noch größere Preisschilder. [Foto: Nikita Verbitskiy]

Das Auslandssemester: Versprechen von Partys und unvergesslichen Erlebnissen abseits des monotonen Hochschulalltags, den wir lernten zu lieben – oder es zumindest versuchten. Unser Redakteur ist mittendrin und berichtet, was es zu beachten und zu erleben gibt.

Du hast deine erste Welle an Anträgen und Formularen durch und weißt jetzt zu fast 100 Prozent, dass du auch Geld bekommst – sehr gut, jetzt kannst du auch anfangen, es auszugeben. In Spanien sind die Gehälter und Preise etwas niedriger als in Deutschland, nur blöd, dass das den Vermietern in Barcelona noch niemand erzählt hat. Als populärer Urlaubsort ist die Nachfrage – besonders in den warmen Monaten – entsprechend hoch. Ihr könnt euch also in die Massen an Tourist:innen und digitalen Nomaden einreihen, die es sich gerne in der katalanischen Großstadt gemütlich machen wollen. Ausgemalt habt ihr euch einen wunderschönen Altbau mit romantischem Balkon zum Frühstücken in der Morgensonne, die wir bei uns in Deutschland die meiste Zeit so bitterlich vermissen. Die Realität sieht anders aus. Entweder, ihr wohnt in Vororten, von denen ihr mit der Bahn genau so lange nach Barcelona braucht wie mit dem Flugzeug aus Köln. Oder ihr lebt dort, wo es die tollen Bars, Restaurants und Läden gibt, könnt euch aber in eben diesen nichts mehr kaufen, weil 80 Prozent des Geldes für die Miete drauf gegangen sind.

Da ich mit meiner Partnerin zusammen nach Barcelona ziehe, dachten wir, dass wir unsere Ressourcen poolen und eine Wohnung für uns beide finden. Im Ruhrgebiet durchaus lohnend, in Barcelona ein Trauerspiel. Denn wer eine eigene Wohnung sucht, muss mit horrenden Kommissionen rechnen. Die Agenturen dürfen bis zu 10 Prozent einer Jahresmiete als Kommission nehmen, was sie selbstverständlich auch tun – unabhängig davon, wie lange man eigentlich mieten möchte. Private Vermieter lohnen sich also, sind aber rar. Die Betrugsgefahr sollte man hier auch nicht außer Acht lassen. Zahlt keinen Cent, bevor ihr die Wohnung nicht gesehen habt! Gebt lieber etwas mehr Geld für ein AirBnB für ein paar Wochen Besichtigungszeit aus. Das war auch unser Gedanke. Jetzt teilen wir uns zu zweit  ein 10 Quadratmeter-Zimmer für 1000 Euro im Monat. Immerhin haben wir den Balkon zum Frühstücken. 

11er WG oder 2000€ im Monat?

Für WG-Zimmer ist es etwas leichter, insbesondere wenn ihr schon ein paar Kontakte vor Ort habt. Es zieht immer überall jemand ein oder aus, man muss aber versuchen in die Kreise zu kommen, in denen man davon erfährt – blöd, wenn man 1500 Kilometer entfernt wohnt. Idealista, Badi und Wallapop sind in Spanien die standardmäßigen Anlaufstellen für den Wohnungsmarkt, allerdings kann es auch durchaus ratsam sein, das Facebook-Passwort rauszukramen und den verstaubten Account zu reaktivieren. Es gibt viele Gruppen für den Wohnungsmarkt, die häufig ertragreicher sein können, als wahllos Agenturen anzuschreiben, die auf englischsprachige Nachrichten in 80 Prozent der Fälle sowieso nicht reagieren. WG-Gesucht kann tatsächlich auch in Barcelona funktionieren. Probiert im besten Fall alles Mögliche aus, ihr werdet es brauchen. 

Los Barrios – Ein Miniguide durch die Viertel

Wenn ihr mitten im Geschehen leben wollt und einen festen Schlaf habt, schaut am besten im gotischen Viertel oder Raval. Etwas weniger touristisch aber trotzdem voller Möglichkeiten zum Ausgehen sind Poble Sec, Sant Antoni und Poble Nou. Gracia und El Born sind die aufstrebendsten Viertel, wo ihr Specialty Coffee, Yoga Studios und das Wort „artisanal“ sehr häufig findet. Sehr schön, jedoch fast unbezahlbar. Eixample ist zwar ein Viertel, aber so riesig, dass man einen eigenen Guide für die einzelnen Teile des Viertels bräuchte. Wohnt ihr weiter außerhalb dieser Viertel, müsst ihr mit mindestens einer halben Stunde Bahnfahrt ins Zentrum rechnen. Wer es sehr ruhig mag, kann hier aber etwas günstiger wohnen. 


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