Artikel: Selome Abdulaziz | Queere Amazon Originals.
In unserer Reihe durchforsten wir die größten Streamingdienste nach queeren Inhalten. Wie Amazon Prime Video bei der LGBTQ+ Repräsentation abschneidet, erfahrt ihr hier.
Seit 2014 bietet das Unternehmen neben dem Versandhandel eine Streamingplattform, damals noch unter dem Namen Amazon Instant Video, an. Das Bezahlmodell ist etwas komplizierter als bei anderen Anbietern. Das reguläre Abo kostet 7,99 Euro im Monat und enthält über 4000 Filme und etwa 1200 Serien. Daneben gibt es weitere Inhalte, die Nutzer:innen kostenpflichtig bestellen können. Ein Film kostet im Verleih zwischen drei und vier Euro, im Verkauf zwischen zehn und 17 Euro (https://trusted.de/amazon-prime-video-kosten). Studierende bekommen sechs Monate lang eine kostenlose Prime-Mitgliedschaft, danach zahlen sie 4,99 Euro. Wir stellen euch ausschließlich Inhalte vor, die im Abo enthalten sind.
Vielfältige Serien
Was queere Serien angeht, bietet Amazon Prime Video einen Mix aus etablierten, bekannten Serien und neuen Projekten. Mit elf Staffeln und zahlreichen Award-Nominierungen gehört Shameless zur ersten Kategorie. Selten war ein Titel so passend für eine Serie. Die Gallagher Familie muss sich in der South Side von Chicago durchschlagen und gerät bei den mehr oder weniger legalen Versuchen, an Geld zu kommen, immer wieder in Schwierigkeiten. Da die Eltern wegen Drogen, Alkohol und psychischen Erkrankungen keine Unterstützung sind, kümmert sich die älteste Tochter Fiona (Emmy Rossum) um ihre jüngeren Geschwister. Ian (Cameron Monaghan), der drittälteste Gallagher Sprössling, ist schwul und outet sich im Laufe der ersten Staffeln bei seiner Familie. Es entwickelt sich eine ungewöhnliche Beziehung zwischen ihm und Mickey Milkovich (Noel Fisher), einem jungen Drogendealer aus der Nachbarschaft.
Mit The Wilds erschien im Jahr 2020 ein queeres Amazon Original. Im Mittelpunkt dieser Serie steht eine Gruppe Teenagerinnen, die nach einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel strandet. Sie sind Teil eines sozialen Experiments, von dem sie nichts ahnen. Während die Mädchen auf der Insel ums Überleben kämpfen, lernen die Zuschauer:innen immer mehr über das Leben der einzelnen Figuren, die nuancierter sind als in anderen Coming-of-Age-Serien. Zwischen zwei der Mädchen entwickelt sich eine Romanze und die Zuschauer:innen bekommen Einblicke in ihre schwierigen Coming-Out-Erfahrungen. Euch erwartet ein spannender Mix aus Lost und Pretty Little Liars. Leider wurde die Serie nach zwei Staffeln abgesetzt.
Auf Amazon Prime Video finden sich auch Inhalte, die LGBTQ+- Repräsentation mit Themen wie Rassismus und Klassismus kombinieren. Die Comedy-Serie Harlem zeigt die Freundschaft vier Schwarzer Frauen, die im New Yorker Stadtteil Harlem wohnen, der eine wichtige Rolle in der Afro-Amerikanischen Geschichte spielt. Neben Themen wie Liebe und Rassismuserfahrungen greift die Serie Harlems Gentrifizierung auf. Die lesbische Unternehmerin Tye (Jerrie Johnson) ist eine der vier Hauptrollen, im Laufe der Serie entwickelt sich eine weitere queere Storyline.
Die Miniserie Little Fires Everywhere beginnt und endet mit dem titelgebenden Feuer. Dazwischen sehen wir Fragmente von zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Richardsons sind reich, weiß und führen ein scheinbar perfektes Leben mit der Vorzeigefrau Elena (Reese Witherspoon) als Familienoberhaupt. Die Warrens bestehen aus der alleinerziehenden Mutter Mia (Kerry Washington) und ihrer Tochter Pearl (Lexi Underwood). Sie sind Schwarz, leben in Armut und führen ein unkonventionelles Leben. Als die Familien aufeinandertreffen, werden sie mit ihren innersten Ängsten konfrontiert. Little Fires Everywhere behandelt Fragen von Mutterschaft, Rassismus, Klassismus und Queerness.
Maue Film-Auswahl
Bei Filmen ist die Auswahl enttäuschend. Die meisten qualitativ hochwertigen queeren Filme wie Call Me by Your Name oder Portrait einer jungen Frau in Flammen müssen Nutzer:innen kaufen oder leihen. Hoffnungsschimmer sind Filme wie My Days of Mercy. Den Vater der Hauptfigur Lucy Moro (Elliot Page) erwartet wegen des angeblichen Mordes an seiner Ehefrau die Todesstrafe. Gemeinsam mit ihren Geschwistern zieht sie durch die USA, um vor Gefängnissen gegen die Todesstrafe zu protestieren. Auf der Seite der Befürworter:innen lernt sie die Anwältin Mercy Bromage (Kate Mara) kennen. Trotz unterschiedlicher politischer Positionen verlieben sie sich ineinander. Die düstere Stimmung und Krimi-Elemente machen den Film besonders.
Das Feelgood-Musical Everybody’s Talking About Jamie zeigt die wahre Geschichte eines Teenagers, der gegen Vorurteile und Diskriminierung kämpft. Der 16-jährige Brite Jamie (Max Harwood) träumt davon, eine Drag Queen zu sein. Seine Realität besteht aber aus Tristesse und Mobbing. Durch Mut und die Hilfe seiner besten Freundin Pritti (Lauren Patel) überwindet er seine Probleme und wird so zu einem Symbol für Hoffnung. Auch der Film Pride basiert auf wahren Begebenheiten. Als 1984 Bergarbeiterstreiks in Großbritannien beginnen, formiert sich eine Gruppe von LGBTQ+ Aktivist:innen, die die Streikenden durch Geldspenden unterstützt. Der Film zeigt, wie Begegnung zwischen zwei scheinbar unvereinbaren Gruppen aussehen kann.
Das Fazit: Amazon Prime Video bietet viele unterschiedliche LGBTQ+ Inhalte, im Vergleich zum insgesamt großen Angebot kommen sie jedoch zu kurz. Queere Serien und Filme scheinen nicht der Fokus des Streamingdienstes zu sein, auch die Suche mit Schlagworten wie „gay“, „queer“ oder „trans“ funktioniert nur mäßig. Immerhin schlägt der Streamingdienst auf der Startseite queere Amazon Originals vor. Besonders die Repräsentation von trans* und nicht-binären Charakteren kommt viel zu kurz. Das Amazon Original Transparent ist eine der wenigen Serien auf der Plattform mit einer trans* Person. Da gegen den Hauptdarsteller Vorwürfe der sexuellen Belästigung erhoben wurden, stellen wir die Serie hier nicht vor.